Beiträge zu 'xbox one'

Obwohl in den 80ern aufgewachsen und eigentlich empfänglich für entsprechende cineastische Nostalgie, sind die (mittleren) Rocky-Filmen relativ spurlos an mir vorbeigegangen. Zwar habe ich sicherlich irgendwann mal einige Teile der Filmreihe, die 1976 ihren Anfang fand, gesehen, und durch kulturelle Osmose vor allem die von Mister T und Dolph Lundgren verkörperten Gegner aus Teil III und IV nebst markanter Erkennungssprüchen wie „I pitty the fool“ oder „AAAAAADRIAAAAANNNNNN“ verinnerlicht, doch ansonsten kann ich mit den Filmen wohl auch aufgrund meiner Gleichgültigkeit gegenüber dem Boxsport wenig anfangen. Dementsprechend blieb ich vom kurzen, durch Sportler wie Henry Maske oder die Klitschko-Brüder entfachten Box-Hype rund um die Jahrtausendwende genau so verschont wie von der Begeisterung für die „Creed“ betitelten Fortsetzungen der Rocky-Reihe von 2015 und 2018, die die Box-Saga in der nächsten Generation weitererzählen. Und auch im Videospielbereich ziehe ich bei 1 gegen 1 Prüglern das oftmals etwas phantastisch angehauchte östliche Martial Arts Setting dem Box- oder Wrestling-Metier vor. Ausnahmen von dieser Regel bildeten bisher die Punchout- und vor allem die Ready-2-Rumble – Reihe auf Dreamcast, die sich mit ihrer übertriebenen Inszenierung und schillernden Charakteren von den bodenständigen Box-Wurzeln entfernten und tief in arcade-lastige Gefilde vorwagten. Und hier schließt sich der Kreis, denn als ich einen ersten Trailer von Big Rumble Boxing: Creed Champions! sah, einem Boxspiel mit offizieller Rocky/Creed-Lizenz, fühlte ich mich sofort an R2R-Boxing erinnert. Für weitere Recherche steuerte Entwickler Survios, der sich auf Spiele mit TV- oder Filmbasis spezialisiert zu haben scheint, einen Code für XBox One bei, doch das Spiel erscheint am 03.09. auch für andere Plattformen wie Playstation, Switch und PC für ca. 40 Euro.

Big Rumble Boxing: Creed Champions!

Ehrlich gesagt sorgt dieser Erscheinungstermin etwas für Verwunderung, hätte ich in Anbetracht der großen Lizenz doch eine medienübergreifende Bewerbung beispielsweise des dritten Creed-Films erwartet, der aber anscheinend erst 2022 in die Kinos kommt.
Ungeachtet dessen entpuppt sich Big Rumble Boxing: Creed Champions! als grundsolides, leicht zugängliches Kampfspiel, jedoch ohne besonders hervorstechende Merkmale.
Bereits das schlanke Hauptmenü weist lediglich die Optionen Arcade und Versus als echte Spielmodi aus. Eine Online-Anbindung fehlt zwar, doch wenigstens können die einzelnen Kämpfe in der Versus-Variante zu zweit oder gegen die CPU bestritten werden. Der Arcade-Modus hätte dagegen auch gut Story benannt werden können, erzählt er doch den Werdegang eines jeden der 20 wählbaren Charaktere. Zehn von diesen Sportler sind zu Beginn jedoch gesperrt und müssen erst durch Vervollständigung der Geschichten anderer Boxer oder einem rudimentären Fortschrittssystem in der Versus-Variante freigeschaltet werden. Als notorischen Solo-Spieler erinnert mich das nicht nur angenehm an den Spielaufbau vergangener Tage, sondern ist für mich auch hinreichende Motivation, mich zumindest etwas länger mit dem Titel zu beschäftigen. Als meine erste Kämpfer-Wahl traditionsbewusst auf Rocky Balboa fiel, staunte ich nicht schlecht, als mir zunächst zahlreiche Dialogboxen und Charakterprofile im Stile einer Visual Novel präsentiert wurden, (inklusive gegrunzter „ha“ und „hmmm“ Laute, die über die eingesparte Komplettvertonung hinwegtäuschen sollen) gefolgt von einigen Trainings-Minispielchen, in denen beispielsweise rhythmisch die Schulter-Trigger gedrückt oder unter Zeitdruck Tastenkombinationen nachgeahmt werden müssen, während man auf tiefgefrorene Schweinehälften einprügelt. Derartige Intermezzi sind zum Glück selten, fallen nicht negativ auf und dienen tatsächlich der Auflockerung der Story. Die sind nämlich ähnlich der Handlung eines Pornostreifens leider nur eine Reihe von schlecht geschriebenen Vorwänden für den folgenden körperlichen Einsatz, so dass ich mich relativ schnell gelangweilt durch die Texte klicke, um zu den Kämpfen zu gelangen.

Big Rumble Boxing: Creed Champions!

Dort greift Big Rumble Boxing: Creed Champions! auf eine relativ einfache Steuerung zurück, die mich etwas an eine unspektakulärer inszenierte Variante des Kampfsystem der Naruto Ninja Storm Spielen von CyberConnect2 erinnern. Durch wiederholtes Drücken des X-Knopfs -teils in Kombination mit den Richtungstasten- lassen sich einfache Schlag-Folgen ausführen, die bei Bedarf mit einem auch einzeln anwendbaren kraftvollen Hieb abgeschlossen werden können. Zwar unterteilen sich die Athleten in Klassen wie flinke Schwärmer oder Schläger und reagieren mit etwas unterschiedlichen Aktionen auf die Eingaben, steuern sich aber dennoch allgemein ziemlich ähnlich, zumal das Repertoire an Haken, Schwingern und Uppercuts recht überschaubar ist und jederzeit im Optionsmenü eingesehen werden kann. Weitere Elemente wie ein Klammer-Punch, unblockbare Angriffe, Status wie Benommenheit und eine Superleiste, die gefüllt einen verheerenden, in einer einer kleinen Videosequenz präsentierte Attacke auslösen kann, ergänzen die offensiven Möglichkeiten zu hinreichender Komplexität, lassen jedoch wirklichen Tiefgang vermissen. Zur Verteidigung können sich die Figuren wie für 3D-Fighter üblich nicht nur nach links und rechts, sondern auch nach vorne und hinten bewegen und so – wahlweise auch per flinkem B-Button-Dash – etwas Platz zwischen sich und ihrem Kontrahenten schaffen oder einer Geraden ausweichen. Der Block per rechter Schultertaste stellt dagegen die etwas sichere Art der Defensive dar, die zwar durch eine eigene, sich regenerierende Energieleiste begrenzt sein sollte und auch das Bewegen verhindert, aber dennoch nur selten echte strategische Überlegungen nötig macht. Interessant ist vielmehr die Möglichkeit, durch einen perfekt abgestimmten Block kurz vorm Treffen eines generischen Schlags diesem automatisch auszuweichen und einen Konter anzubringen. Um dieses Manöver jedoch zuverlässig ausführen zu können oder Feinheiten zu ergründen vermisse ich jedoch tatsächlich so etwas wie ein Tutorial, dass mir die Konzepte interaktiv darlegt, statt sie mit in reiner Textform in der Anleitung zu präsentieren. So kann auch reines Button- und Block-Gemashe zielführend sein, zumal das Einstecken von Schlägen getreu dem Vorbild durchaus gewollt zu sein scheint. Recht gut hat mir in diesem Zusammenhang dann auch die Abbildung des strukturellen Aufbaus eines Boxkampfs gefallen, mit dem sich das Spiel von anderen reinen Kampfspielen unterscheidet. Denn wie zu erwarten wird auch in Big Rumble Boxing: Creed Champions! nicht um Punkte gekämpft, sondern der Sieger ausschließlich über einen KO bestimmt. Doch statt einfacher „Best of 3“ Kämpfen mit stets neu aufgefüllten Energieleisten ist eine leere Gesundheitsanzeige nicht wirklich mit dem Verlieren eines Durchgangs gleichzusetzen. Vielmehr geht der angeschlagene Kämpfer zu Boden und wird angezählt, kann sich aber durch stets schwerer werdendes Hämmern auf X wieder aufrappeln, während sich der Lebensbalken des Gegenübers etwas füllt. Da beide Kontrahenten auch zwischen den standardmäßig 60 Sekunden andauernden Runden geheilt werden, ist hier echtes Taktieren möglich. Soll ich beispielsweise aggressiv vorgehen und versuchen, den Gegner per Superschlag noch diese Runde auf die Matte zu schicken, oder doch lieber auf Distanz gehen, um diese mächtige Option und die eigene angeschlagene Gesundheit über die Glocke zu retten?
Anders als in den Versus-Kämpfen lassen sich im Arcade-Modus leider nicht die Parameter für Rundenanzahl, -dauer und KO-Anfälligkeit einstellen, wodurch sich die Wettkämpfe etwas ziehen können, da das Gegenüber drei- bis viermal auf die Matte geschickt werden muss, bis es dort auch ausgeknockt liegen bleibt. Das ist vor allem ärgerlich, da gefühlt die KI stark schwankt und so einige Gegner selbst auf dem leichtesten der drei Schwierigkeitsgrade eine Herausforderung darstellen.
Wenigstens wird der Schlagabtausch dabei hübsch präsentiert. Auch im angedeuteten, farbenfrohen Comic- beziehungsweise Action-Figur-Look sind die Modelle ihren Leinwand-Darstellern wie Sylvester Stallone oder Michael B. Jordan gut nachempfunden, detailliert gestaltet und mit netten Effekten wie glitzerndem Schweiß versehen, so dass ich ganz neidisch auf den ein oder andere Waschbrettbauch oder Bizeps bin. Da der Rocky-Kanon trotz immerhin acht Filmen vermutlich nicht ausreichend Vorlagen für einen 20 Personen-Kader liefern konnte, wurde dieser mit Kreationen aufgestockt, die sich genretypisch bei nationaler Stereotypen wie dem rothaarigen Iren, drahtigen Mexikaner oder bärtigen „Wikinger“ bedienen, sich aber für meinen Geschmack noch im Rahmen des vertretbaren bewegen. Zudem würde ich davon auszugehen, das das Entwicklerstudio an durch die Lizenz vorgegebenen Restriktionen gestoßen ist. Schließlich die Filme in der realen Welt angesiedelte Sportdramen. Daher dürften allzu exotische Widersacher wie grünhäutige Dschungelbewohner mit Elektrofähigkeiten, indische Fakirboxer mit Gummiarmen oder gemischte Kämpfe gegen Boxerinnen Tabu gewesen sein. Gleiches gilt wohl auch für Kostüme und Arenen. Als reguläre Wettkämpfe ausgetragen sind die meisten Kämpfer lediglich mit den typischen Boxershorts(?), bekleidet. Straßenkleidung bildet da schon die exotische Ausnahme, und die freispielbaren Skins stellen lediglich Farbvarianten dieser Kleidung dar. Einen Fight gegen ein gealtertes Rocky-Modell oder einen mit Goldketten behangenen Mr. T sucht man ebenso vergeblich wie eine all zu extravagante Umgebung. Denn die sind ebenfalls größtenteils klassische Box-Ringe, die in kleinen Trainingshallen oder größeren Veranstaltungsälen platziert sind. Im Rahmen der Möglichkeiten sind diese Umgebungen trotzdem ausreichend abwechslungsreich. Der Ring in der Wüste Nevadas steht beispielsweise unter freiem Himmel, während das nächtliche Hinterhof-Setting mit der Besonderheit aufwarten kann, dass hier die eng gespannten Begrenzungsseile entfallen. Zusammen mit den flüssigen Bewegungen, die nur in Einzelfällen wie einem Schlag in den Rücken etwas merkwürdig wirken, wird so ein stimmiges Bild erzeugt. Man merkt jedoch auch, dass sich viele Charaktere Animationen teilen, und technisch wäre der Titel so oder so ähnlich sicher auch auf einer XBox 360 möglich gewesen wäre. Das soll keineswegs herabwürdigend gemeint sein, sondern dürfte vielmehr dem spielhallenkompatiblen, schnell zugänglichen Charakter des Spiels geschuldet sein. Komplett überzeugen kann die Präsentation unter diesem Aspekt dann aber doch nicht und stellt vor allem unter Beweis, wie wichtig gutes Sounddesign ist. Denn während Schwinger, Blocks und Co. auch mit leuchtenden Handschuhen, bunten Lichtspuren und -Blitzen einem Actioncartoon gerecht in Szene gesetzt werden, klingen die Einschläge der Faust-Ummantelungen etwas mau und lassen an Wucht vermissen. Auch die Reaktionen auf Treffer hätten für meinen Geschmack noch etwas übertriebener ausfallen können, doch vielleicht ist eine fehlende Extradrehung beim Taumeln oder bogenreiche Flugbahnen beim Knockout ebenfalls der oben angesprochenen Verankerung im Creed-Rocky-Universum geschuldet.
Außerdem finde ich, dass bei den Kommentaren und Ansagern falsche Schwerpunkte gesetzt wurden. Zwar gehört ein Michael Buffer eben wohl nicht zum Lizenzvertrag des MGM Filmstudios, doch ließen sich gerade die typischen Intros der Wettstreiter leicht Nachahmen, zumal auch andere Stimmen wie Stallones typisches Gelalle von den Ersatzsprechern imitiert werden. Leider gibt es aber keine individuellen Begrüßungen oder Kommentare, wenn beispielsweise Vater gegen Sohn antritt. Auch auf einen Schiedsrichter, der den Boxer am Boden sichtbar anzählt, wurde verzichtet. Stattdessen übernimmt diese Aufgabe zumindest in den Publikumsarenen ein Off-Sprecher, der die Veranstaltung auch live kommentiert, doch dieser Ansager lässt ebenso wie das Publikum einiges an Enthusiasmus vermissen.

Big Rumble Boxing: Creed Champions!

Musikalisch erfüllt Big Rumble Boxing: Creed Champions! dann aber wieder alle Erwartungen, indem es mit kultigen Songs aus den Filmen wie Survivors „Eye Of The Tiger“ oder der Rocky-Hymne „Gonna Fly Now“ aufwartet. Ergänzt wird der Soundtrack vorrangig durch lizensierte Hip-Hop-Songs, doch vor allem ein energiegeladenes Elektrostück (dessen Interpretin ich leider nicht in den Credits ausmachen konnte) hat echte Ohrwurmqualitäten.
Alles in Allem kann sich Big Rumble Boxing: Creed Champions! zwar nicht mit Genre-Schwergewichten wie Tekken messen, ist aber dennoch ein nettes, wenn auch etwas seichtes, einsteigerfreundliches Kampfspiel, das mit seinem Setting vor allem für Box- und Rocky-Fans interessant sein dürfte sich. Gerade hinsichtlich Spieltiefe und -umfang sind die geforderten 40 EUR dann doch etwas happig, so das ich bei Interesse gegebenenfalls auf einen Sale warten würde.

XBox One Review: art of rally im Test

Mit dem Aufbruch in das Zeitalter der Polygone waren es vor allem Rennspiele, die oft als Lauchtitel die Fähigkeiten der neuen Hardware demonstrieren sollten. Egal ob Gran Turismo, Forza oder Project Cars, unter teils immensem Aufwand wird mit jeder Iteration grafische Perfektion angestrebt, indem selbst kleinste Details wie Tankdeckelinnenseiten und abgenutzte Fahrbahnmarkierungen millimetergenau vermessen und modelliert werden. Gerade in letzter Zeit findet man aber auch Genrevertreter, die quasi als Gegenentwurf zum Fotorealismus bewusst auf eine reduzierte und simple Optik setzen und dabei oftmals auch spielerisch einem einfacheren Gameplay nacheifern. Mit seiner minimalistischen, schlichten Präsentation und weit entfernten Kamera, die das Geschehen fast schon aus einer isometrischen Perspektive einfängt, fällt art of rally vom Entwickler Funselector zumindest visuell in diese Kategorie.

Art of Rally

Das Spiel erschien bereits 2020 für PC und feiert dieser Tage für ca. 20 EUR sein leicht erweitertes Konsolen-Debüt auf XBox, Switch und Playstation. Zudem ist der Titel beim Start in Microsofts Gamepass enthalten, wobei Funselector so freundlich war, mir einen entsprechenden Code für meine XBox One S zukommen zu lassen.
Wie der Name vermuten lässt, steht bei Art of Rally der Ralleysport im Mittelpunkt, einem der meiner Meinung nach merkwürdigsten Vertreter im Bereich des motorisierten Wettstreits. Nicht nur, dass er sich einer einheitlichen Schreibweise entzieht (Rally? Ralley? Rallye?), es gibt auch anders als bei vielen anderen Rennveranstaltungen keine ansatzweise ansehnlichen Überholmanöver, die von spektakulären, speziell für die Rennserie entworfenen Fahrzeugen auf ebensolchen Strecken ausgeführt werden. Stattdessen messen sich die Fahrerinnen und Fahrer in über Zeitrennen ausgetragenen Fernduellen, die mit hochgezüchteten Straßenfahrzeugen auf Pisten bestritten werden, die nur selten einer echte Fahrbahn ähneln und die jeder vernünftige Mensch aufgrund ihrer Beschaffenheit eher meiden würde.
Dass art of rally das Ralleysetting nicht nur für einen Funracer im Stil von Outrun oder Micro Machines nutzt, wird schon beim erstmaligen Start ersichtlich. Einstellungen wie Assistenten für Stabilisierung, Gegenlenken und ABS oder ein variables Schadensmodell findet man neben der obligatorisch Wahl zwischen manueller oder automatischer Schalung in reinen Arcaderacern eher selten. Nebenbei bemerkt ist das Menü für eine Konsolenversion vorbildlich, da die aufgeräumten Optionen nicht nur weitere Einstellungen wie Gamepadsensibilität und Deadzone-Konfiguration zulassen, sondern sich auch die Menügröße selber anpassen lässt und ich mich somit nicht mehr wie so oft mit fitzelkleiner Schrift auf dem Fernseher herumschlagen muss.
Wie nützlich die fahrrelevanten Hilfestellungen sind, zeigt sich dann, wenn es auf die erste Piste geht. Zwar ist art of rally weit davon entfernt, als Simulation durchzugehen, doch die Fahrzeuge weisen allesamt eine glaubwürdige Masse auf, was sich in einer entsprechenden Trägheit bei der Beschleunigung und vor allem beim Lenken niederschlägt. Auch wenn sich die unterschiedlichen Boliden grundsätzlich ähnlich steuern, haben beispielsweise Radstand oder Art des Antriebs merkliche Auswirkungen auf das Fahrverhalten. Statt also rein auf Vollgas zu setzen, ist man eher damit beschäftigt, unter gefühlvollem Spiel zwischen Gas und (Hand)Bremse heikle Kurven teilweise auch im Schrittempo zu durchfahren oder bei Kurskorrekturen nicht zu Übersteuern und durch sich aufschaukelndes Gegenlenken von der Strecke getragen zu werden. Darüber hinaus können einem je nach gewählter Schadenseinstellung nach Unfällen auch Defekte am Fahrzeug zu schaffen machen und dem Auto bis zur nächsten Reparatur einen permanenten Schlag nach rechts oder links verpassen.
Dass das Fahrmodell von Art of Rally bisweilen etwas übertreiben reagiert und über das Ziel hinausschießt (ha) zeigt sich beispielsweise an gigantischen Sprüngen über Erhebungen oder dem etwas zickigen Verhalten beim Kontakt mit der praktisch unbeweglich Umgebung. Somit liegen Frust und Freude beim Spiel dicht beieinander. In einem Moment frohlockt man noch, weil man in einem nahezu perfekten Drift eine Kurve gemeistert hat, nur um Augenblicke später den richtigen Bremspunkt leicht zu verpassen und so vor dem nächsten Baum zu landen oder weit von der Strecke abzukommen. Letzteres ist besonders ärgerlich, da schon geringe Abweichungen vom engen Fahrkorridor, der nicht angezeigt wird, mit fünf Strafsekunden geahndet wird.
So merkwürdig es klingen mag, weist das Spiel in meinen Augen somit Ähnlichkeiten zu Klassikern wie Lunar Lander oder Thrust auf, indem es die Auseinandersetzung mit einer zumindest nachvollziehbaren, physikbasierten Steuerung zum zentralen Element eines arcadeorientierten Spiels macht. Das wäre auch eine Erklärung für die ungewöhnliche Ausgestaltung des Karrieremodus, der das „goldene“ Zeitalter der Ralleys thematisiert und sich streng linear über 30 Jahre von 1966 bis 1996 erstreckt, wobei sich die Zeitspanne auf sechs Fahrzeugklassen aufteilt, die jeweils eine halbe Dekade umspannen. Pro Saison ist zwar die Anzahl der zu bestreitenden Rennetappen vorgegeben, jedoch werden sowohl das Land, in dem sie bestritten werden, als auch die damit einhergehenden Strecken und Tageszeiten zufällig bestimmt. Da die gut 60 Kurse, die sich über 6 Regionen wie Finnland, Kenia oder Sardinien erstrecken, bereits zu Beginn uneingeschränkt zur Verfügung stehen, fühlt sich dieser Spielmodus daher ein wenig beliebig und eintönig an, zumal die finale Positionierung ebenfalls keinerlei Einfluss auf den Fortschritt zu haben scheint. Egal, ob man das Ralleyjahr auf dem Siegerpodest oder einem der hinteren Plätze beendet, stets wird das nächste Rennevent entsperrt und zusätzliche Lackierungen und Autos freigeschaltet. Die Beurteilung der fahrerischen Leistung ist dabei sowieso relativ nichtssagend, da der stets einstellbare Schwierigkeitsgrad ausschließlich die erfundenen Zeiten der simulierten Konkurrenz bestimmt. So kann man auf der einfachsten Stufe zu einer gemütlichen Spazierfahrt ansetzen und dennoch die gegnerischen Zeiten um Längen unterbieten. Außerdem wird das eigene Abschneiden und das Gesamtklassement recht trocken erst am Ende einer Etappe in Textform präsentiert, statt beispielsweise wie in anderen Titeln üblich zumindest an Checkpunkten auf der Strecke Position und Differenzzeiten zum führenden oder nachfolgenden Fahrzeug einzublenden.
In selber zusammengestellten Ralleys wird zumindest der zufällige Aspekt des Rennablaufs eliminiert, doch richtig „Klick“ hat es bei mir in den Zeitfahrten gemacht. Habe ich die Implementierung dieses Modus in anderen Rennspielen oft als trockene Pflichtübung wahrgenommen und in der Regel wegen seiner „Reduktion“ des Renngeschehens verschmäht, offenbart er in art of rally den wahren Kern des Spiels. Es geht nicht um Sieg oder Niederlage, sondern nur um mich und die Strecke. Vor allem in den höheren Fahrzeugklassen ist nicht die Höchstgeschwindigkeit auf der Geraden ausschlaggebend, sondern das Beherrschen des kraftvollen Gefährts auf den sich schlängelnden Pfaden. So kann ich mich wieder und wieder am selben Kurs versuchen, um meine Bestzeit noch etwas weiter zu optimieren. Auch wenn es wohl dem Charakter des Spiels widersprechen würde, hätte ich mir dabei hin und wieder eine Rückspul-Funktion gewünscht, denn die Rennen dauern einige Minuten an, und ein Fahrfehler gegen Ende kann das gesamte Ergebnis ruinieren. Wenigstens lässt sich schnell per Tastendruck ein Neustart veranlassen, womit sich auch die spürbaren Ladezeiten für einen Kurs vermeiden lassen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten steht auch ein Online-Ranking zur Verfügung, das die eigenen Bestzeiten denen der weltweiten Community gegenüberstellt und es erlaubt, ein zugehöriges Geisterfahrzeug einzublenden. Ein Vergleich mit einer geringfügig besseren Leistung kann ungemein motivierend sein, indem er beispielsweise zu einer etwas aggressivere Fahrweise ermutigt oder die Vor- und Nachteile eines anderen Vehikels darlegt.
Dieser Ansporn gilt ebenfalls für die täglichen beziehungsweise wöchentlichen Herausforderungen.
Als finaler und vielleicht merkwürdigster Spielmodus wurde noch die „freie Fahrt“ eingebaut, die für jeden Austragungsort fast schon im Stile eines Open-World-Spiels das überraschend umfangreiche Straßennetz bereitstellt, aus denen sich die einzelnen Rennetappen zusammensetzen. Hier kann man nicht nur das Umfeld frei von Streckenvorgaben erkunden, sondern ähnlich den frühen Tony-Hawk Titeln -jedoch ohne Zeitlimit- einen speziellen Bus und jeweils fünf Videokassetten, fotogene Sehenswürdigkeiten und die Buchstaben R A L L Y einsammeln, die dann die nächste „Welt“ freischalten. Auch wenn die Umgebungen vermutlich bereits für die Einzelverläufe konstruiert wurden, stellt sich mir die Frage, warum der Aufwand betrieben wurde, hier eine offene Welt zu präsentieren, um sie dann für nur wenige Aufgabenstellungen zu nutzen. Nicht, dass ich finde, der Umfang von art of rally sei zu gering, doch gerade weil dieser Modus existiert, bietet er sich doch für so viel mehr an. Warum beispielsweise nicht den Tony-Hawk-Vergleich voll ausreizen und Drei-Minuten-Punkte-Herausforderungen mit einem Kombosystem für Drifts, zielgenaues Fahren oder Höchstgeschwindigkeiten vereinen? Oder im Stile anderer Open-World-Spiele Aufgaben wie zeitkritische Lieferungen von Punkt A nach B in der Gegend verteilen? Selbst ein oft von mir geforderter Streckeneditor müsste sich bei einem bereits bestehenden Straßennetz eigentlich mit Hilfe von zu setzenden Checkpunkten relativ einfach realisieren lassen. Stattdessen verwundern die handvoll Sammelaufgaben um so mehr, als dass sie anscheinend reinem Selbstzweck dienen. Vor allem die Fotolocations werden zwar im Moment Ihrer Entdeckung in einem Schnappschuss festgehalten, der Fahrzeug und Landschaft hübsch in Szene setzt, doch diese Bilder landen in keinem Fotoalbum, und als sammelbares Objekt sind sie aus der Landschaft verschwunden. Dabei haben die Umgebungen sowohl optisch als auch gestalterisch ihre Höhen und Tiefen, und damit meine ich nicht die wortwörtlichen Berg- und Talfahrten auf Gebirgsstrecken die noch zu den Highlights des Spiels zählen. Wie Eingangs erwähnt setzt die Grafik auf einen minimalistischen Stil, der verschiedene Elemente wie einfache Polygonmodelle mit flächigen Texturen in bunten Farben und einem allgemeinen Verzicht auf zu viel Details kombiniert und am ehesten als solide oder zweckdienlich bezeichnet werden könnte, zumal er keine direkten nostalgischen Gefühle weckt wie beispielsweise ein Racer, der komplett in Low-Poly-Optik erstrahlt. Mit netten Lichteffekten wie die Autoscheinwerfer, die die Strecke bei Nachtfahrten beleuchten oder der Abenddämmerung, die der gesamten Szenerie eine lila Färbung verpasst, zaubert art of rally in bestimmten Situationen dennoch stimmungsvolle und schöne Bilder auf den Schirm, die nach einem ersten Patch auch technischen Grundanforderungen genügen. Denn vor der Verbesserung litt die Vegetation in art of rally zumindest auf einer XBox One S so stark unter Pop-in, dass teilweise ganze Wälder aus dem Nichts erschienen. Komplett sind diese Mängel zwar nicht behoben, jedoch ist die Anzahl an Sträuchern und Bäumen, die wie von Geisterhand auf der Piste auftauchen, stark reduziert. Zum Glück wirken sich diese nunmehr kleinen Grafikprobleme kaum auf auf den Spielfluss aus, da die Bewegungen auf der Straße unabhängig von den Geschehnissen in der Ferne stets stabil und flüssig dargestellt werden. Außerdem verpasst das Update den Rennen noch einen ansehnlichen Tiefenunschärfe-Effekt, der zuvor nur dem Foto-Modus vorbehalten war. Damit erweckt die Grafik nun auch in Bewegung fast den Look einer Bastelbogen-Spielzeugwelt und sorgt in Passagen wie den oben genannten Bergrennen, bei denen man über Hänge voller blühender Kirschbäume die Streckenführung und ein kleines Dorf im Tal ausmachen kann, für pittoreske Postkartenmotive in Pastelltönen. Andere Abschnitte sind dagegen sehr viel karger gestaltet, winden sich um optisch langweilige Gewässer und können mit arg kniffeligen Kurvenfolgen nicht immer überzeugen. Am wenigsten haben mir die in Deutschland verorteten Wettkämpfe gefallen, auf denen Teile der ohnehin schon schmalen Straße von Hindernissen gesäumt werden, die wie in den Boden betonierte Grabsteine aussehen.

Art of Rally

Während das Straßennetz relativ offensichtlich der Phantasie entsprungen ist, kann man bei den Fahrzeugen auch ohne teure Lizenz die offensichtlichen Vorbilder ausmachen. Hinter dem kompakten Meanie verbirgt sich der Mini von Cooper, und die typische Seitenlinie des Porsche 911er ziert in art of rally ein Fahrzeug namens „das 119“. Dass durch die Kameraansichten, die von „entfernt“ bis „weit entfernt“ reichen, kaum Fahrzeugdetails auszumachen sind, ist wenig störend, vor allem, da dadurch das Problem der schlechten Streckenübersicht behoben wird, das ich in vielen Rennspielen mit niedriger Heckansicht oder Cockpit-Perspektive habe. Demzufolge vermisse ich auch keine Beifahrerstimme, die in anderen Ralleytiteln Auskunft über anstehende Hindernisse und Lenkmanöver gibt. Denn ähnlich der Optik beschränkt sich auch der Sound mit den realistisch röhrenden und knatternden Motoren und gelegentlichem Zuschauerjubel auf das wesentlich. Tatsächlich fehlt mir lediglich der beruhigende Klang von Kies und Schotter, wenn über entsprechenden Untergrund gefahren wird. Ein uneingeschränktes Lob hat dagegen der Synth-Wave-Soundtrack mit einem Hauch von Daft Punk verdient. Auch wenn diese Art von Musik eher zu einem 80er Jahre Sci-Fi-Film denn ein Rennspiel passt, unterstützen die mal fröhlich energetischen, mal angespannt treibenden Klänge hervorragend den fast schon meditativen Charakter des Spiels, wenn man sich mit Tunnelblick voll und ganz auf die Strecke konzentriert und zur Erkenntnis kommt, dass gefühlvolles Drifting tatsächlich eine Kunstform ist.

Art of rally ist mit Sicherheit nicht nach jedermanns Geschmack. Wer in Anbetracht der einfachen, knuffigen Grafik einen ebenso zugänglichen Arcaderaser erwartet, dürfte enttäuscht sein. Doch wer gewillt ist, über einige offensichtliche Schwachstellen hinwegzusehen und Arbeit in die Verinnerlichung der Steuerung zu investieren, wird mit einem enstzunehmenden, umfangreichen und sicherlich lang motivierenden Spiel belohnt. Daher ist art of rally auf XBox auch außerhalb des Gamepass bestimmt einen Blick wert.

and now, for something completely different…
Einen nicht ganz unerheblichen Teil meines Humorverständnis‘ dürfte ich dem intensiven Konsum von Monty Python’s Flying Circus zu verdanken haben. Seither erfreue ich mich nicht nur an geschliffenem Wortwitz oder schwarzhumoriger Satire, sondern auch an absurden Situationen und surrealem Nonsens. Neben Sketchen über den Umtausch toter Papageie, die unerwartete spanische Inquisition oder den tödlichsten Witz der Welt waren auch die Papercut Animationen von Terry Gilliam fester Bestandteil der Comedysendung und nicht zuletzt auch für das ikonische Intro verantwortlich. Genau diese krud animierten und von klassischer Musik untermalten Collagen aus historischen Gemälden nimmt sich The Procession to Calvary von Joe Richardson ebenso zum Vorbild wie den pythonesken Humor. Das Ergebnis in Form eines traditionellen Point’n’click Adventures erschien bereits letztes Jahr für Mac, PC und Mobil und feiert jetzt sein Konsolendebüt auf Switch, Playstation und XBox für gut 15 EUR, wobei mich Publisher Digerati freundlicherweise mit der XBox-Version versorgt hat.

The Procession to Calvary

Als mordlüsternde Kämpferin, basierend auf Rembrandts Bellona, gibt es nach dem siegreich beendeten heiligen Krieg eigentlich nicht mehr viel zu tun, zumal das Abschlachten der nunmehr zivilen Bevölkerung irgendwie sozial nicht mehr akzeptabel scheint. Also wird kurzerhand ein letzter Auftrag angenommen, um mit dem inzwischen im Exil lebenden himmlischen Petrus wenigsten noch dem besiegten ehemaligen Anführer den Garaus zumachen. Zu diesem Zweck gilt es, auf diversen Bildschirmen, die aus den Werken der größten Meister des Barrocks und der Renaissance zusammengestellt wurden, Rätsel zu lösen und Dialoge zu führen. Dabei macht The Procession to Calvary seinen Job bei der Zusammenstellung der unterschiedlichen Versatzstücke von Malern wie Botticelli oder Hieronymus Bosch fast schon zu gut. Denn aufgrund sauberer Ebenenaufteilung für einen räumlichen Tiefen-Effekt und erstaunlich gelungener Bildaufteilung, Elementauswahl und sanfter Umgebungseffekte wirkt tatsächlich vieles wie aus einem Guss. Damit fehlt aber eben auch ein kleiner Teil des für die Python-Animationen typischen Kontrasts, der durch das Aufeinandertreffen der unterschiedlichen Komponenten entsteht. Bei den bewusst hampeligen Charakteranimationen ist das Spiel aber wieder voll auf dem Kurs der Vorlage, ebenso wie bei der klassischen Musikuntermalung mit Auszügen aus bekannten Symphonien, Stücken und Märschen von Vivaldi, Bach oder Händel. The Procession to Calvary könnte sich somit gar als authentischstes aller Retrospiele bezeichnen, an denen die größten Künstler aller Zeiten mitgearbeitet haben.

The Procession to Calvary

Als kleiner Running Gag befinden sich dann auch in jeder Szene entsprechende Musikerinnen und Musiker, die mit unnötig detaillierten Beschreibungen wie „ein kleines Kammerorchester spielt an der Spitze einer ordentlich getrimmten Kiefer das Kammerkonzert in F-Dur von Antonio Vivaldi“ versehen sind. An diesem Beispiel kann man auch schon gut die humoristische Ausrichtung des Spiels erkennen, die ebenso wie die optische Aufmachung etwas bodenständiger und weniger chaotisch ist als die der britischen Blödeltruppe. Selbstverständlich würde die Erwartung einer Monty Python gleichwertigen Klamaukqualität fast schon an Majestätsbeleidigung grenzen, doch das Spiel tut sein bestes, um den witzigen Geist der Inspirationsquelle einzufangen. In vielen Situationen kann man sich ein Kichern oder zumindest das ein oder andere Schmunzeln nicht verkneifen, beispielsweise wenn in einem Feldlazarett „traumatische“ Kriegsverletzungen wie zu lange Haare oder kalte Füße behandelt werden. In Anbetracht der oftmals religiösen Motive der Bildvorlagen bekommen auch die Kirche und der Klerus ihr Fett weg, wenn zum Beispiel Jesus als windiger Straßenzauberer Taschenspielertricks aufführt oder Kardinäle Schmuck und knackige Knaben als Bestechung fordern. Leider verpasst The Procession to Calvary hier eine große Chance, da komplett auf Sprachausgabe verzichtet wurde. Wenn im Sinne des neu gewonnenen demokratischen Verständnis erst formell darüber abgestimmt werden muss, ob der Heldin ein für das Vorankommenden benötigter Gegenstand überlassen wird, kann ich in meinem Hinterkopf praktisch unmittelbar die verstellten Stimmen von John Cleese und Eric Idle hören, deren Pathos der absonderlichen Situation noch eine Extraportion Komik verleihen würde und die sich auch mit weniger kostspieligen Synchronsprechern zumindest auf Englisch leicht nachahmen ließen. Dennoch zündet der typisch britische Humor auch als Textform sowohl in der englischen als auch der deutschen Version überraschend gut, auch wenn mir in beiden Sprachen etwas zu häufig auf anachronistisches Fluchen und teils etwas zu langatmige Selbstreferenz für einen schnellen Gag zurückgegriffen wird. Weniger gut gefallen hat mir die Darstellung des Texts bei der Dialogauswahl an und für sich, denn gerade auf dem Fernseher lassen sich die teils gelbgrauen Buchstaben auf hellem Untergrund etwas schwer ausmachen. Zum Glück werden die Zeilen dann aber noch einmal etwas größer wiederholt. Insgesamt scheinen vor allem die stationären Konsolen nicht unbedingt die besten Plattformen für Adventurespiele der alten Schule zu sein, doch nicht zuletzt dank einiger zeitgemäßer Genrestandards und Kompfortfunktionen ist The Procession to Calvary auch auf der XBox One anstandslos spielbar. So lässt sich der Cursorpfeil, mit dem sämtliche Handlungen ausgeführt werden, auch ohne Maus oder Touchpad mit dem linken Analogstick recht bequem und ausreichend präzise bewegen, so dass die optionale Beschleunigung per Schultertaste eigentlich gar nicht benötigt wird. Per „Doppelklick“ kann die Protagonistin zum gewünschten Zielort sprinten und auf Wunsch werden alle Hotspots angezeigt, so dass der Bildschirm nicht unnötig nach relevanten Bereichen abgesucht werden muss. Einmal angeklickt können dort wiederum über drei Icons die Aktionen Interagieren, Reden und Betrachten gewählt werden, während der obere Bildschirmrand ein Inventory für einige Gegenstände bereithält. Damit erinnert das Interface stark an Lucasarts Full Trottle, dessen Remake ich unlängst zum ersten mal gespielt habe, und auch in Sachen Rätseldesign reiht es sich trotz begrenztem Vokabular problemlos im oberen Mittelfeld klassischer Adventuregames ein. Beschränken sich die Aufgaben anfangs oft noch darauf, Gegenstände an Position A einzusammeln und an Person B zu übergeben, werden die Herausforderungen später etwas komplexer und verschachtelter, beispielsweise wenn es darum geht, die Jury eines Talentwettbewerbs zu beeindrucken oder eine satanisches Ritual zu vollziehen. Dabei bleiben die Anforderungen stets logisch und nachvollziehbar und sorgen für den einen oder anderen „Heureka“-Moment. Der Umfang von gut 4 Stunden für einen Durchlauf ist ebenfalls absolut ausreichend, zumal sich die Probleme zumindest ansatzweise unterschiedlich angehen und Aktionen triggern lassen, die zu unterschiedlichen „Enden“ führen. Vor allem das Credo „Gewalt ist doch keine Lösung“ ist nicht unbedingt keine Lösung. Dementsprechend ist dem Zücken des Schwertes eine eigene Taste gewidmet, und der Vorsatz, keine Leute mehr zu töten, verliert außerhalb des Blickfelds der Obrigkeitlich deutlich an Relevanz.
Außerdem hält The Procession to Calvary auch außerhalb der eigentlichen Handlung einige amüsante Überraschungen und witzige Details bereit. Wie es sich für ein anständiges Adventure gehört werden auch nicht-lösungsrelevante Aktionen nicht einfach mit einem „das geht nicht“ abgetan, sondern erhalten oft bissige Kommentare oder gar eigene kleine Animationen.

Alles in allem kann das Spiel zwar nicht ganz mit Spitzenvertretern wie Grim Fandango oder Monkey Island mithalten und erreicht auch nicht die zeitlose Witzigkeit einer Flying Circus Episode, doch selbst zur Blütezeit des Genres wäre The Procession to Calvary in Sachen Humor, Spielspaß und -Design ein bemerkenswerter, kleiner Titel und Geheimtipp gewesen, der alleine schon ob der ungewöhnlichen Präsentation einen Blick wert ist. Man merkt dem Spiel zu jedem Zeitpunkt an, dass es mit sehr viel Liebe zum Detail und Sachverstand entwickelt wurde. Ob es jedoch -entsprechende Hardware vorausgesetzt- zwingend auf der XBox One gespielt werden muss oder nicht doch die älteren (und günstigeren) Versionen eine gleichwertige oder gar bessere Alternative darstellen, sei dahingestellt.

Xbox One Review: Skate City im Test

Einer der großen Vorteile von Computer- und Videospielen ist, dass sie uns erlauben, virtuell Dinge zu tun, die uns im realen Leben versagt bleiben. Sei es das Retten eines fantastischen Königreichs vor fiesen Dämonenfürsten, das Erkunden der unendlichen Weiten des Alls in einem schnittigen Raumschiff oder das saubere Stehen eines Kickflips auf einem Skateboard. Zumindest für mich ist der letzte Punkt ähnlich utopisch wie die ersten beiden. Denn auch, wenn ich mich seit Kindheitstagen für Skateboarding interessiere, hat es nie zu mehr als einem Möchtegern-Ollie von der Bordsteinkante gereicht, und mit zunehmenden Alter möchte man natürlich auch kein zersplittertes Becken riskieren.

Skate City

Unter den Skateboard-Spiele war und ist Aktivisions Tony Hawk’s Pro Skater Reihe unumstrittener Platzhirsch, doch wenigstens in Nischen scheint der Markt auch für andere Ansätze offen zu sein. Die Skate-Serie von EA verfolgt beispielsweise einen sehr viel simulationslastigeres Gameplay, ähnlich wie der Early Access Titel Session. Skate City vom norwegischen Entwickerstudio Agens wiederum geht eigene Wege, indem es sich im doppelten Sinne auf bodenständige Tricks in urbanen Umgebungen konzentriert und das Spielgeschehen in eine lineare 2,5D Perspektive verfrachtet. Das Spiel wurde bereits Ende 2019 auf iOS Geräte veröffentlicht und erscheint nun für gut 15 EUR auch für XBox, Playstation, Switch und PC. Der Publischer Snowman war so freundlich, mich mit einem XBox One Code auszustatten.
Die Steuerung des Skaters oder der Skaterin ist dabei zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, aber durchdacht: Von den „regulären“ Knöpfen des Gamepads wird eigentlich lediglich die A-Taste genutzt, um Schwung zu holen. Stattdessen spielen die beiden Analog-Sticks eine zentral Rolle, indem sie je nach gedrückter Richtung verschiedene Sprünge einleiten. Die Schultertasten dienen dazu, sich um die eigene Achse zu drehen und die Trigger kommen zum Einsatz, um Aktionen auf 2 Rädern durchzuführen und die Balance zu halten. Der „halben“ Dimension der eingangs als 2,5D bezeichneten Umgebung kommt dabei eine stärkere Bedeutung zu als bei vergleichbar präsentieren Spielen wie beispielsweise die Trials Reihe. Denn eigentlich bewegt man sich zwar auch in Skate City nur auf einer festgelegten Ebene von links nach rechts, in der Nähe von Geländern, niedrigen Mauern und ähnlichem führen Sprünge jedoch dazu, dass man automatisch über diese Objekte im Vorder- oder Hintergrund grindet. Grundsätzlich sind diese Elemente gut zu erkennen, nur in sehr seltenen Fällen kommt es aufgrund der letztendlich doch dreidimensionalen Darstellung zu anfänglichen Unklarheiten darüber, ob etwas nur schmückende Staffage, interaktive Architektur oder ein Hindernis ist. Nach einiger Einarbeitung und etwas Umdenken hinsichtlich der in anderen Spielen erlernten Steuerung gelingen einem so auch hier ansehnliche Kombo-Ketten, die mich stolz-erfüllt an echte Videoszusammenschnitte von Rodney Mullen aus den Tony Hawk-Spielen erinnern. Mit einem Arsenal an derart auszuführenden Tricks können sodann verschiedene Aufgaben zunächst in Los Angeles, später dann auch in Oslo und Barcelona, angegangen werden. Dazu begibt man sich entweder im „Endlos“ Modus sozusagen auf den Rundkurs des jeweiligen Stadt-Levels, um 30 spezielle Vorgaben zu erfüllen, oder versucht sich an den insgesamt 63 Missionen, die in Dreier-Blöcken freigeschaltet werden und auf kleineren Teilabschnitten zu bestreiten sind. In diesen offenbart Skate City dann auch seine mobile Abstammung. Während es mir rätselhaft bleibt, wie die durchaus komplexe Steuerung, die ideal für ein Gamepad ist, auf einem Touch-Gerät funktionieren soll, sind die Missionen oftmals auf nicht einmal eine Minute Spielzeit ausgelegt und haben eine mobil-typische Unterteilung der Zielvorgabe, die mit bis zu drei Sternen bewertet wird. Dabei sind die Aktivitäten im Rahmen der Möglichkeiten vielseitig ausgefallen und überraschen mit einigen netten Ansätzen. So finden sich neben typischen Punkte-Herausforderungen und Trickvorgaben auch Rennen gegen andere Skater oder die Polizei, bei denen sich Style der Geschwindigkeit unterordnen muss. Etwas weniger gelungen finde ich persönlich Abschnitte, in denen sich zusätzlich noch Passanten in der Roll- und Rutsch-Ebene befinden. Da diesen zwingend ausgewichen werden muss, ist hier die Skate-Linie quasi strikt vorgegeben und es kommt häufiger zu Stürzen als in den Passagen, in denen lediglich vereinzelte Mülleimer, Bänke und Kanten Hindernisse darstellen. Dadurch gerät der eigentlich recht entspannte „Flow“ etwas ins stocken, wobei das nicht heißen soll, das es sich ansonsten um ein leichtes Casual-Spiel handelt. Zwar sind die frühen LA-Missionen, die teilweise auch als erweitertes Tutorial dienen, schnell mit einer Top-Wertung abgeschlossen, später ist jedoch eine gute Beherrschung der Eingabemöglichkeiten und auch etwas Auseinandersetzung mit dem Skater-Jargon nötig, um überhaupt einen Stern zu ergattern. Und dennoch fühlt sich das Spiel etwas seicht und leer an und animiert eher zu kurzen Sitzungen denn zum Dauerzocken. Hier hätten vielleicht weitere Modi wie einem Streckeneditor, eine prozedural generierte Daily Challenge oder auch nur ein 3 Minuten Score Attacke Abhilfe geschaffen, oder vielleicht auch ein bis zwei weitere Umgebungen. Denn die drei Kreis-Level sind zwar nominell in unterschiedlichen Städten angesiedelt und in sich noch einmal in Abschnitte wie Strand oder Schule unterteilt, sehen sich mit ihre Abfolge von Treppen, Parks und Mauern aber doch recht ähnlich. Insgesamt vermisse ich etwas Individualität und Persönlichkeit, beispielsweise durch berühmte Wahrzeichen der Metropolen wie den Hollywood-Schriftzug oder die Kirche Sagrada Família. Wenigsten sorgt ein Tag/Nachtwechsel sowie gelegentliche sommerliche Regenschauer für etwas mehr Flair.

Skate City

Bezüglich der Präsentation von Skate City konnte man als Reaktion auf den Trailer schon im Vorfeld Stimmen vernehmen, die das Aussehen und vor allen die Musik als fehlplatziert bemängelten. Schließlich gehöre zu einem ordentlichen Skate-Spiel eine Punk-Rock-Soundtrack. Doch diese Kritik kann ich nicht nachvollziehen. Vielmehr passt die in Sepia-Tönen gehaltene, klar strukturierte Optik in ihrer Schlichtheit und ihrem Instagram-Filter-Look ebenso zum modernen, gelassenen Charakter des Spiels wie die chilligen LoFi Hip-Hop-Beat. Das gleiche gilt auch für die hübschen, eben nicht übertrieben inszenierten, flüssigen Animationen. Fast schon bewusst scheint sich der Titel innerhalb des Genres von bisherigen Vertretern abgrenzen zu wollen und repräsentiert halt mehr den skatenden Generation-Z-Hipster als die X-tremen Sk8erbois und Rollbrettfahrerinnen der Jahrtausendwende. Da ist es um so erstaunlicher, dass sich unter den wenigen Anpassungsmöglichkeiten, die sich im Shop gegen Austausch der Skate-Creds genannten Währung erstehen lassen, keine formschönen Vollbärte oder sündhaft teure Kopfhörer befindet. Stattdessen ist das Angebot an Individualisierungsoptionen beispielsweise mit nur einer Hand voll Frisuren und nicht allzu extravaganter Kleidung ebenfalls recht überschaubar gehalten, so dass das Geld nach Freischalten der beiden Örtlichkeiten lieber in Verbesserungen der Fähigkeiten wie Geschwindigkeit oder Gleichgewicht oder einen der acht Spezialtricks gesteckt werden sollte.
Für Kreative hält das Spiel noch einen Fotomodus bereit, der sich mir aber nicht so ganz erschließen will, so dass die Screenshots auf herkömmliche Weise über die XBox erstellt wurden.
Skate City bietet mit eigenständigen Ideen wie dem Verzicht auf eine frei befahrbare dreidimensionale Umgebung und der Fokussierung von glaubwürdigen Tricks, die auf einer fordernden, aber nicht zu komplizierten Steuerung beruhen, eine vielversprechende und spaßige Basis, die ihr volles Potential leider in dem recht eng gesteckten Rahmen nicht ganz ausschöpfen kann. Hier könnte ein Patch, DLC oder spätestens einen Nachfolger Abhilfe schaffen und den guten Konzepten eine größere Bühne zur Entfaltung bieten.

Free falling gaming: Zocken für umme

Als Geizha Sparfuchs rechtfertige ich mein Leidenschaft für die Freizeitbeschäftigung Videospiele auch gerne damit, dass sie im Vergleich zu anderen Hobbys noch durchaus erschwinglich ist. Das Zocken am PC oder Konsole dürfte weniger kostenintensiv sein als Reisen in ferne Länder, das Herumbasteln an Sportautos oder das Sammeln von Farberge-Eiern, zumal viele dieser Tätigkeiten ein digitales Pendant haben. Doch vor allem, wenn man stets am Puls der Zeit sein oder eine Sammlung aufbauen will, kann der Geldbeutel auch mal stärker belastet werden. Wenn es dagegen nur um das reine Spielvergnügen geht, gibt es einige völlig legale Wege, mit Gratisspielen der Zockleidenschaft nachzugehen. Vor allem am Computer hat das Konzept der kostenlosen Spiele eine lange Tradition. Schon zu Zeiten des Commodore64 und Amigas gab es eine aktive Hobbyszene, in der enthusiastische Entwicklerinnen und Entwickler unter dem Begriff PD beziehungsweise Public Domain kostenfreie Spiele veröffentlichten, die nicht primär darauf ausgelegt waren, mit ihnen möglichst viel Geld zu verdienen. Heutzutage ist der Marktplatz itch.io eine gute Anlaufstelle, um in diesem Sinne entwickelte Spiele zu finden. Neben kommerziellen Indie-Titeln bietet der Shop auch eine immense Anzahl von Games, die gratis sind beziehungsweise deren Bezahlung auf dem pay-what-you-want Prinzip beruhen oder „Trinkgeld“-basiert sind. Natürlich können diese zumeist von Einzelpersonen oder kleineren, unabhängigen Teams entwickelten Spiele nicht komplett mit AAA-Titeln großer Publisher mithalten, bieten dafür aber oftmals interessante Ideen, ungewöhnliche Spielmechaniken oder eine sehr persönliche Geschichte. Auch in den oft auf itch.io abgehaltenen Gamejams finden sich viele kleinere Projekte mit diesen Tugenden. Außerdem wird nicht nur der PC bedient, denn neben Spiele-Apps für Android-Handys entdecken Retrofreunde auf der Seite gar das eine oder andere kostenlose Homebrew-ROM für NES oder den C64.
Während diese Programme für echte Zockertechnologie der 80er und 90er ausgelegt ist, handelt es sich bei Pico8 um eine virtuelle Fantasiekonsole beziehungsweise Entwicklungsplattform, die mit starken Limitationen wie geringer Auflösung und Farbeinschränkungen dem Look and Feel vergangener Tage nacheifert. Die Pseudo-Retro-Konsole ist in diesem Zusammenhang erwähnenswert, da sich auf der zugehörigen Webseite viele Pico8 Spiele in Form von Modulen finden, die sich direkt kostenlos und über den Webbrower spielen lassen. Hier triff man neben neu interpretierten Klassikern auch auf jede Menge innovativer Konzepte kreativer Köpfe, die die Beschränkungen sowohl spielerisch als auch technisch in beeindruckender Weise an ihre Grenzen treiben und mich seit Jahren auf eine erschwingliche Hardware hoffen lassen, mit der sich eine „reale“ Pico8-Konsole für das Wohnzimmer realisieren lässt.
Wem der Sinn dagegen etwas mehr nach – sagen wir mal klassischer – Unterhaltungssoftware steht, ohne dafür einen Cent ausgeben zu müssen, sollte den Blick auf den EpicGameStore richten. Stand ich dem noch relativ jungen Marktplatz und Steam-Konkurrenten zunächst recht skeptisch gegenüber, hat das recht aggressive Marketing schließlich auch bei mir seine Wirkung entfaltet und mich über die Feiertage 2020 zur Anmeldung verleitet. Denn dank einer entsprechenden Aktion standen täglich wechselnde Titel aus dem Sortiment des Shops zum Gratisdownload bereit. Zwar wird inzwischen das Füllhorn der ein bis zwei kostenfreien Spiele nicht mehr jeden Tag, sondern „lediglich“ wöchentlich ausgetauscht, doch auch so dürfte für ausreichend frei verfügbaren Spielspaß gesorgt sein, vor allem da sie eine weite Bandbreite abdecken und von Indie-Lieblingen wie Inside bis hin zu ehemaligen Vollpreistiteln eines Kalibers von Rage 2 oder Star Wars Battlefront II reichen. Natürlich haben diese Spiele in der Regel einige Zeit seit ihrer Erstveröffentlichung auf dem Buckel, aber dennoch ist ein Preis von 0 Euro ein Angebot, das man nur schwerlich ausschlagen kann.

Bezogen sich die bisherigen Tipps zumeist auf den PC, gibt es auch an Konsolen einige Wege zum kostenlosen Zocken, auch wenn die Möglichkeiten hier aufgrund der Geschlossenheit der Systeme weitaus geringer sind. Zwar wird bei alle drei großen Hersteller im Rahmen von Nintendo Online Service, Playstation Now, Games with Gold und Gamepass gerne von Gratis-Spielen gesprochen, doch wirklich kostenlos sind diese nicht, da ja für die entsprechenden Services Geld verlangt wird und die Titel eigentlich nur solange zur Verfügung stehen, wie der jeweilige Dienst abonniert ist. Zumindest die unter den XBox 360 Bereich von Games with Gold fallenden Spiele haben den Vorteil, dass sie in der Regel dauerhaft in den eigenen Besitz auch nach Beendigung des Abonnements übergehen.
Stattdessen sorgt mit Microsoft Rewards ein Kundenbindungsprogramm dafür, dass in letzter Zeit die XBox One meine bevorzugte Plattform ist. Mit täglichen Aktionen wie dem Suchen auf Bing (Songlisten von Bands lassen sich besonders schnell durchklicken 😉 ), der Beantwortung von durchaus interessanten Quizfragen oder dem Freischalten eines Achivements lassen sich Punkte sammeln, die neben Teilnahmen an Gewinnspielen oder Gutscheinen für andere Geschäfte auch in Microsoft-Guthaben umgewandelt werden können. Dieses hat nicht einen unschlagbar guten Wechselkurs (4650 Punkte entsprechen 5 EUR Guthaben), sondern kann vor allem in Kombination mit den wöchentlichen Angeboten dafür sorgen, dass die Spielebibliothek quasi durch ein in sich geschlossenes System ohne Geld von außen jeden Monat um einige Titel anwächst.
Außerdem kann es sinnvoll sein, die Aktivitäten der Plattforminhaber regelmäßig im Auge zu haben, denn gelegentlich zeigen sich diese großzügig und stellen wie aktuell Sony mit Knallern wie Ratchet and Clank und Horizon: Zero Dawn unverhofft Spiele gratis bereit. Dabei kann eine auf das jeweilige System spezialisierte Webseite hilfreich sein, um rechtzeitig von diesen Aktionen, die oft zeitlich begrenzt sind, Kenntnis zu nehmen. Im Falle der XBox One schaue ich daher regelmäßig auf xboxdynasty.de vorbei. Zwar bietet die Seite auch jede Menge clickbaitigen Nicht-Journalismus der Art „Gerüchten zufolge arbeitet das Studio, das hinter erfolgreichem Spiel X steckt, an einem neuen Projekt“ (no shit, sherlock), vermeldet aber gelegentlich auch legale Kuriositäten wie die Gratisversion von Ikaruga im koreanischen Marktplatz.
Außerdem finden sich, wenn auch in geringerer Stückzahl, kleine Spiele in den jeweiligen Stores, die zu Pomotionzwecken entwickelt wurden und daher ebenfalls gratis sind. Titel wie Doritos Crash Course oder FF15, a king’s tale sind rare Vertreter der Gattung Werbespiele, die mich wehmütig an den Geldbeutel schonende Unterhaltung a la Karamalz-Cup oder Vicor Loomes zurückdenken lassen.
Und schließlich gibt es mit „free to play“ noch die namentlich eigentlich naheliegendsten „freien“ Spiele, deren Ruf allerdings nicht gerade der beste ist. Denn anders als einfach nur „free“ enthält „free to Play“ in der Regel eine monetäre Komponente, die mitunter durch Microtransaktionen, Pay-to-win Elemente und Glücksspielmechaniken unangenehm auffällt. Doch auf der großen Free to Play Wiese tummeln sich auch diverse Exemplare, deren Geschäftsmodell man als fair einstufen kann und die schon in der kostenfreien Version einiges an Spielfreude bieten. Vor allem unter den großen Battle Royal Multiplayer-Shootern und MOBAs ist free-to-play quasi der de facto Standard geworden. Auch wenn ich persönlich mit reinen Mehrspieler-Titeln wie fortnite oder League of Legends wenig anfangen kann, gehören sie doch nicht nur zu den momentan populärsten Spielen überhaupt, sondern sind auch zumindest theoretisch komplett gratis spielbar und verlangen allenfalls für kosmetische Gegenstände oder Charaktere bare Münze. Dementsprechend ist es auch nur zu begrüßen, dass Microsoft unlängst die Notwendigkeit eines XBOX LIVE Gold Abos für das gemeinsame Zocken über das Internet für viele Angebote aus dem F2P-Bereich fallen gelassen hat. Aber auch Vertreter weiterer Genres sind einen Blick wert. So überteuert beispielsweise Dead or Alive 6 noch immer Kostümpacks und einzelne Kämpferinnen und Kämpfer anbietet, so überraschend umfangreich ist die kostenlose Basisversion, die nicht nur 4 Charaktere enthält (leider nicht meine Favoritin Ayane), sondern auch einen umfangreichen Missionsmodus, der über verschiedene Aufgaben verteilt praktisch die Kontrolle des gesamten Kaders erlaubt.
Andere Free-to-play Titel fassen das Konzept eher wie eine erweiterte Demoversion auf: Flippersimulationen wie Zen Pinball oder Zaccaria Pinball spendieren zusammen mit dem Grundgerüst, zu dem sich sich Tische einzeln oder im Verbund zukaufen lassen, auch jeweils uneingeschränkt spielbare Automaten, mit denen sich naturgemäß bereits lange Spaß haben lässt. Bei episodisch veröffentlichten Spielen wie Life is strange, Resident Evil Revelations 2 oder Hitman 2 steht die erste Episode oftmals nach kurzer Zeit kostenlos zur Verfügung.

Wie man sieht, muss es also nicht immer die aktuellste Neuveröffentlichung zum Vollpreis sein. Mit einem kleinen Blick über den Tellerrand lässt sich nicht nur einiges an Geld sparen, sondern eventuell auch die eine oder andere Überraschung entdecken.

Xbox One Review: Taxi Chaos im Test

Taxi Chaos

Taxi Chaos möchte gerne Crazy Taxi sein!
Üblicherweise beginne ich einen Review mit einer sanften Einleitung, beispielsweise in Form einer Anekdote, um dann mehr oder weniger geschickt zum eigentlichen Thema überzugehen, doch dererlei Subtilität hat Taxi Chaos, dessen XBox One Reviewcode mir vom Publisher Lion Castle zur Verfügung gestellt wurde, auch nach dem Day-1 Patch nicht verdient.
Taxi Chaos möchte gerne Crazy Taxi sein! Es nimmt sich nicht Crazy Taxi zum Vorbild, es ist keine Hommage an Crazy Taxi und es wurde nicht von Crazy Taxi inspiriert, sondern es möchte schlichtweg gerne Crazy Taxi sein, indem es die zentralen Aspekte des Spiels kopiert. Und grundsätzlich ist das gar keine so schlechte Idee, schließlich hat der dritte und letzte „echte“ Teil des Originals mit seinem Erscheinen 2002 schon etliche Jahre auf dem Buckel. Für alle, die vielleicht auch diesem Alter geschuldet nichts mit der Crazy Taxi Reihe verbinden können, sei gesagt, dass es sich um ein 1999 erschienenes 3D Automatenspiel von SEGA handelt, in dem es darum geht, in einer quasi-offenen Stadt Taxigäste einzusammeln und an ihr von einem dicken Pfeil angezeigtes Ziel zu bringen, bevor ein Zeitlimit abläuft. Ich vermeide hier bewusst die Genrebezeichnung Rennspiel, denn auch wenn man in einem Auto unterwegs ist, hat das Fahrverhalten doch wenig mit dem eines echten Kraftwagens zu tun. Vielmehr führt man unrealistisch hohe Sprünge und gewagte Drifts durch oder rast über Häuserdächer, Grünflächen und Meeresböden, um die Fahrgäste bei Laune zu halten und durch pünktliche Ablieferungen ein paar weitere Extrasekunden auf dem stetig herunter zählendem Taxameter einzusammeln.
Dieses extrem simple Spielprinzip, das für permanenten Zeitdruck sorgt, ist ideal für die Highscorejagd in der Spielhalle ausgelegt und macht auch in diversen Umsetzungen für Heimkonsole und PC noch eine Menge Spaß.

Taxi Chaos

Auf dem ersten Blick scheint es Taxi Chaos, das am 23.02.2021 für Nintendo Switch, Playstation 4 und XBox One für happige 29,99 EUR erschienen ist, auch durchaus zu gelingen, dieses Spielprinzip in die Gegenwart zu retten. Die Umgebung orientiert sich wie auch schon Teile von Crazy Taxi 2 und 3 am realen New York, präsentieren die Mini-Version der Stadt jedoch in einem farbenfrohen Comiclook, der zumindest ansehnlich, wenn auch nicht sonderlich spektakulär, ist und gut zum zugänglichen Charakter des Titel passt. Auch die Fahrzeuge sind nett gestaltet und spielrelevante Elemente wie die grün umrandeten Parkzonen und die farbigen Kreise um potentielle Passagiere, die den Abstand zu den mal mehr, mal weniger weit entfernten Ziele wie Grand-Hotel, (Central)-Park oder Museum kennzeichnen, wurde augenscheinlich akkurat umgesetzt.

Doch bereits bei der Grafik beginnen die Probleme von Taxi Chaos, die sich im Verlauf als echte Spielspaß-Killer herausstellen werden. Denn trotz überschaubarer Größe der Umgebung und im späteren Spielverlauf freischaltbarer Vehikel mit unterschiedlichen Eigenschaften, liegt die Fahrgeschwindigkeit auf der XBOX One S stets irgendwo zwischen „nicht schnell genug“ und „etwas zu ruckelig“. Damit wird der Titel zwar nicht unspielbar, ist jedoch auch nicht die abgefahrene Arcadeaction, die man sich erhofft hat. Wie erwähnt ist das Physikmodell von Crazy Taxi alles andere als realistisch und ordnet selbst die Naturgesetze gerne mal dem Erhalt des Vortriebs unter. Insofern kann man auch Taxi Chaos nicht das leichtgewichtige Fahrverhalten vorwerfen, das in jedem anderen Rennspiel zur sofortigen Disqualifikation führen würde, sondern eher bemängeln, dass gegebenenfalls sogar noch etwas zu viel Autosimulation unter der Haube steckt, da ich öfter an anderen Verkehrsteilnehmern, Bäumen und kleinen Mauern hängen bleibe, als ich es in Anbetracht der Vorlage erwartet hätte. Zumindest wurde der in der zweiten Inkarnation von Crazy Taxi eingeführte Sprung per Knopfdruck ebenfalls übernommen, so dass man Hindernisse auch auf diese Art umgehen kann. Zudem erhöhen diese Hüpfer den punktespendenden Kombozähler ebenso wie beispielsweise der etwas unhandlich auszuführende Boost. Auf andere fahrerische Kapriolen wie Drifts wurde jedoch leider verzichtet. Wirklich enttäuschend ist jedoch der Mangel an Präsentation und Atmosphäre, der daran Zweifeln lässt, ob Entwickler Team6 Game Studios wirklich begriffen hat, was den Kultcharakter der Vorlage ausmacht. Erschienen um die Jahrtausendwende hat es SEGA meisterlich verstanden, den Aufbruch des Mediums weg vom reinen Kinderspielzeug mit dem Zeitgeist zu vereinen. Dementsprechend strotzt Crazy Taxi nur so vor lauter, übertriebener und rotzfrecher Attitüde, die sich nicht nur am rücksichtslosen Fahrstil als zentralem Spielelement, sondern auch am Design der Figuren, dem permanenten Jauchzen der Fahrgäste und Geklimper des spendierten Trinkgelds bei riskanten Manövern und nicht zuletzt am ikonischen Punkrock-Soundtrack von Bands wie The Offspring festmachen lässt. Taxi Chaos wirkt dagegen wie das brave, glattgebügelte Kinderchor-Cover eben dieser Lieder. Zwar wurden die absolut unpassende Kirmes-Trance-Techno-Tracks per Patch durch nichtssagenden, vermutlich frei verfügbaren Retorten-Rock ersetzt, doch ändert das an der Gesamtsituation wenig. Passanten und die wählbaren Miet-Chauffeure Cleo und Vinni scheinen einem Lego-Friends-Set entsprungen zu sein, Motorengeräusche ähneln eher einem Elektrorasenmäher denn einer hochgetunten Spaßschleuder und wie sehr bei der restliche Vertonung daneben gegriffen wurde, lässt sich bereits bei Fahrtantritt gut ausmachen. Denn wo sich bei der Vorlage die markig vorgetragene Begrüßung „LET’S MAKE SOME CRRRRRRRRAAAAAAZZYYYYYYY MONEY!!!!!“ einen festen Platz im kollektiven Gaming-Gedächtnis gesichert hat, erklingt bei Taxi Chaos in dünner Stimme die Belanglosigkeit „let’s earn some money“. Jetzt erwarte ich selbst bei „übernommenen“ Spielkonzept natürlich nicht die gleichen lizenzierten Songs und exakte Reproduktion der Slogans, aber vielmehr eigenständige Ansätze, wie man nicht nur die Mechanik nachahmen, sondern eben auch Spielspaß und Stimmung der Vorlage einfangen kann. Doch damit kann Taxi Chaos leider nicht aufwarten. Eigentlich sind kleine Konversationen während der Fahrt eine überlegenswerte Idee, doch sämtliche Sprüche und Dialoge wirken fast schon ironisch unmotiviert bis gelangweilt, wiederholen sich ständig, sind in keiner Weise amüsant und nerven binnen kürzester Zeit. Wenn auf englisch die Frage nach dem werten Befinden damit beantwortet wird, dass man sich Tag für Tag dem Ruhestand im Altersheim nähert, ist das nicht beim erstem mal lustig, nicht beim zweiten mal und schon gar nicht beim zweihunderdreiundsiebzigsten mal, nachdem man es von praktisch jedem Fahrgast in unterschiedlichen Stimmen gehört hat. Das peinliche Gequatsche lässt sich genau so wie die übertriebene Rumble-Funktion nicht einmal im Menü separat abschalten, da beim Herunterdrehen der Sprachlautstärke auch die Ansage der gewünschten Destinationen entsprechend verloren gehen würden.

Taxi Chaos

Somit bin ich beim Spielen von Taxi Chaos in etwa so euphorisch und motiviert wie beim Zusammenlegen meiner Wäschen (also nicht besonders), zumal jede der drei Spielvarianten ihre eigenen Tücken hat.
Der Arcademodus setzt auf das klassische Spielkonzept mit einer Spieldauer von 90 Sekunden, die sich durch erfolgreiche Fuhren aufstocken lässt. Allerdings scheint es etwas an Feintuning zu fehlen, denn wenn ich mit wenig verbleibender Zeit auf der Uhr eine Tour aufgable, für deren Erfüllung eine Minute veranschlagt wird, mir aber lediglich weitere zehn Sekunden zusätzliche gewährt werden, scheint irgendetwas nicht zu stimmen. Somit reicht die Zeit oft nur für 4-5 Fahrten, bevor es Game Over heißt.
Der Profimodus entspricht weitestgehend dem Arcademodus, verzichtet jedoch auf jegliche Hilfestellung wie dem Pfeil bei der Anzeige des Fahrziels. Allerdings habe ich wenig Lust, mich mit dem Aufbau der Karte zu befassen, was auch am Setting liegen könnte. Schon in Crazy Taxi 3 war der Big Apple nicht meine bevorzugte Umgebung, da mir die Orientierung dank sichtversperrender Wolkenkratzer und vieler gleich aussehender, rechtwinkliger Kreuzungen schwer fällt.
Der freie Modus verzichtet schließlich auf die Zeitbegrenzung und somit jegliche spielerische Herausforderung, und ist neben dem Erkunden der Stadt allenfalls dazu geeignet, Achivements freizuschalten und die Quests zu erfüllen, die darin bestehen, spezielle Passagiere zu befördern und anschließend Gegenstände einzusammeln. Allerdings kommt mir auch hier einiges Merkwürdig vor, könnte ich doch beispielsweise schwören, bereits mehr als die eine mir vom Spiel angezeigte Kaffeetasse eingesammelt zu haben. Andere Miniherausforderungen, wie sie beispielsweise die Heimvarianten von SEGAs Taxispielen bereichert haben, gibt es leider nicht.

Auch wenn Taxi Chaos vielleicht keine technische Katastrophe ist, hat es dennoch mit Sicherheit mit einigen Herausforderungen und Problemen zu kämpfen und ist schlicht und ergreifend kein gutes Spiel, woran auch der Patch zur Veröffentlichung nichts ändert. Es mag sein, dass Taxi Chaos gerne Crazy Taxi sein möchte, doch wenn selbst die entsprechenden Minispiele in der GTA Reihe diesbezüglich einen besseren Job machen, ist das Spiel an dieser Aufgabe kläglich gescheitert.

The Pillar: Puzzle Escape

Schon Jules Verne wusste, dass eine Insel hervorragend als Schauplatz für geheimnisvolle Geschehnisse geeignet ist, während die Fernsehserie Lost aus dem Ort des rätselhaften Ereignisse gar quasi einen aktiven Charakter machte. Ebenso nutzen auch Spiele wie Myst oder The Witness das Setting eines Archipels, um Knobeleien in einer Mischung aus Technik und Mystik zu präsentieren. Und geht es nach der Beschreibung auf der Webseite des tschechischen Entwicklers Paper Bunker, ist das thematisch ähnlich ausgerichtete Denkspiel The Pillar: Puzzle Escape ebenfalls auf einer Reihe von Inseln angesiedelt. Diese Ortsangabe ist aber eher im übertragenen Sinne denn wörtlich zu verstehen. Schließlich bestehen die 3D-Umgebungen des Spiels, das neben mobilen Plattformen und Steam seit kurzem auch für PS4, Switch und Xbox One für knapp 10 EUR zur Verfügung steht (und dessen Publisher eastasiasoft mich freundlicherweise mit einem Code bedacht hat) nicht zwingend aus von Wasser umgebenen Landmassen, sondern sind vielmehr kleine, in sich abgeschlossene Orte, die mal von hohen Mauern, Wolken oder Nebel gesäumt sind oder gleich schwerelos durch den Weltraum driften. Etwas enttäuschend ist, dass hier die Verwendung der Mehrzahl durchaus korrekt ist, denn statt ein großes, zusammenhängendes Gebiet auf der Suche nach Rätseln zu erkunden und ein mächtiges Mysterium zu entschlüsseln, teilt sich das Spiel auf 8 kleinere, praktisch unabhängige Abschnitte auf, die nacheinander freigeschaltet werden und die allenfalls vom esoterisch angehauchten Setting denn von einer richtigen Story zusammengehalten werden. Die Bedenken wurden um so größer, als dass ich nach nicht einmal 2 Stunden bereits die Hälfte dieser Episoden gelöst hatte. Zum Glück nimmt in den letzten 4 Leveln nicht nur der Schwierigkeitsgrad der Rätsel geringfügig zu, sondern vor allem auch deren absolute Anzahl, wodurch man auf eine Spielzeit von um die 5-6 Stunden kommt.

The Pillar: Puzzle Escape

The Witness nicht ganz unähnlich werden dabei ein Großteil der Denksportaufgaben auf mit Gittermustern versehenen Panelen präsentiert, die sich vorrangig an den Seiten der namensgebenden Obelisken befinden. Eine Erklärung des Regelwerks, das der jeweiligen Aufgabe zugrunde liegt, gibt es üblicherweise nicht, die verschiedenen Puzzletypen kennt man jedoch oftmals beispielsweise von schlichter präsentierten Handyspielen. So müssen Paare von verschieden farbigen Kästchen miteinander verbunden werden, ohne dass sich die Pfade überkreuzen oder ein Muster in nur einer einzigen durchgehenden Linie eingefärbt werden. Da diese Rätsel nicht übermäßig schwer sind, lassen sie sich entspannt in kürzester Zeit lösen und sorgen so für schnelle Erfolgserlebnisse. Etwas aus diesen Rahmen fallen jene Tests, bei denen die zuvor in Animationen abgespielte Bewegungen auf den Rastern nachgezeichnet werden müssen. Hier sind weniger Logik denn Konzentration und Gedächtnis gefordert, was eigentlich für begrüßenswerte Abwechslung sorgt, jedoch können sich die Prüfungen etwas ziehen, da nach Fehlern die gesamte Sequenz von vorne beginnt.
Abgesehen von solchen Schalttafeln, die den Hauptteil von The Pillar: Puzzle Escape ausmachen, finden sich noch einige andere Knobeleien wie Engergiewürfel, die platziert werden müssen oder Zahlenschlösser, die es zu knacken gibt. Hatte ich zunächst noch auf kniffelige Lösungen durch ungewöhnliche Spielmechaniken gehofft, musste ich bald erkennen, dass das Spiel einen sehr viel gradlinigeren Weg einschlägt und durfte die Bedeutung des Wortes Apophänie am eigenen Leib erfahren. Anstatt Zeit damit zu verschwenden, irrelevante Details aus den unmöglichsten Perspektiven zu betrachten in der Hoffnung, eine geheime Botschaft zu entdecken, lassen sich Hinweise und Zugangscodes stets ohne Umschweife direkt beim Absuchen der Umgebung entdecken. Diese Linearität findet sich auch im eigentlichen Spielverlauf wieder. Zwar können an vielen Stellen die vier Seiten der Rätselsäulen in beliebiger Reihenfolge angegangen werden und ab und an warten auch zwei oder drei Knobel-Denkmäler gleichzeitig auf ihre Lösung, in der Regel müssen jedoch stets erst alle offenen Herausforderungen erledigt werden, bevor sich eine Tür zum nächsten Bereich öffnet oder sich die Umwelt anderweitig verändert, um die nächsten Aufgaben bereitzustellen. Das schränkt zwar einerseits den Forschungsdrang etwas ein, andererseits gibt es so aber auch kaum Zweifel darüber, was als nächstes zu tun ist.

The Pillar: Puzzle Escape

Das Alles wird im anscheinend defacto Genre-Standardsetting aus leicht verfallenen, mediterran angehauchten Ruinen inmitten üppiger Natur präsentiert. Mit Ihren kräftigen Farben und dezenten Texturen sorgt die Grafik für Übersichtlichkeit und erinnert vermutlich nicht von ungefähr ebenfalls an The Witness. Darüber hinaus verleihen kleine Animationen wie im Sonnenlicht tanzender Staub oder fallende Blätter und örtlich begrenzte Geräusche wie Grillengezirpe den ansonsten menschenleeren, recht statischen Szenerien etwas Leben, während die ab und an erklingenden Piano- und Harfenklänge für eine entspannte Atmosphäre sorgen. Böse Zungen könnten zwar behaupten, dass diese Präsentation wenig Eigenständigkeit aufweist und sich die verwendeten Ressourcen eventuell sogar so oder so ähnlich in den Standardbibliotheken der verwendet Unity-Engine finden lassen, doch selbst wenn dem so wäre, ergeben sie meiner Meinung nach ein stimmungsvolles, wenn auch nicht unbedingt originelles Gesamtbild.
Apropos Gesamtbild ergeben: Zur Auflockerung sind in den Leveln Schnipsel vermutlich der jeweiligen Konzeptzeichnung verteilt, die man zwar einsammeln kann, überraschenderweise konnte ich jedoch keine Möglichkeit entdecken, mir sie nachträglich noch einmal anzusehen. Auch andere Aspekte der Bedienoberfläche scheinen mir etwas holprig zu sein und offenbaren aller Wahrscheinlichkeit nach die Herkunft von The Pillar: Puzzle Escape als Spiel, das für Touchscreens entworfen wurde. Buttoneinblendungen und Cursorsymbole wirken optisch ein wenig deplatziert, und im Menü findet sich der Punkt „reibungslose Kamera“, der in der Xbox Version keinerlei spürbare Auswirkungen hat, auf mobilen Geräten aber vermutlich dafür gedacht ist, sich auf Schienen von einer interessanten Stelle zur nächsten zu bewegen.
Dabei könnte die Steuerung erwartungsgemäß kaum einfacher sein. Wie von anderen Spielen aus der Egoperspetkive gewohnt kann man sich mit den analogen Sticks bequem bewegen und umsehen. In der Nähe eines Puzzles wird dieses automatisch auf dem Bildschirm zentriert und auf das Digikreuz umgeschaltet, mit dem sich der Cursor präzise platzieren lässt. Weil die Einführung darauf verzichtet, sei hier als Tipp erwähnt, dass die rechte Schultertaste zum Rennen genutzt werden kann, was vor allem in den etwas größeren Bereichen nützlich sein kann, in denen viel hin- und hergelaufen werden muss.

Eigentlich müsste die Bewertung von The Pillar: Puzzle Escape ein Leichtes sein. Schließlich ist das Spiel in praktisch allen Aspekten eher durchschnittlich und kann weder mit Überraschungen noch Innovationen punkten, womit sich eine Bewertung als Mittelmaß praktisch aufdrängt. Das würde aber völlig außer acht lassen, dass ich mit The Pillar sehr viel mehr Spaß als mit anderen Spielen dieser Einstufung hatte. Das könnte daran liegen, dass vielleicht bei einem Denkspiel weniger hohe Ansprüche an technische Aspekte gestellt werden als bei einem Actiontitel, oder schlichtweg daran, dass ich derartige Spiele einfach mag, bislang aber vor allem an der Konsole relativ wenige gespielt habe. Auch wäre es schlicht unfair, dem Spiel vorzuwerfen, mein Verlangen nach einer tiefgründigen Mysterygeschichte oder denkmusterverändernden Rätseln nicht erfüllt zu haben. Mit seinem ruhigen, entspannenden Gameplay hat mir The Pillar: Puzzle Escape auf jeden Fall auch so Freude bereitet und mir zumindest kurzzeitig das Gefühl gegeben, vermutlich cleverer zu sein als ich eigentlich bin. Wem der Preis für ein im Grunde aufgehübschtes Rätselheft vom Bahnhofskiosk etwas zu hoch erscheint, kann ja auch einen Sale warten oder greift zur iOS Version, die mit 4,99 EUR deutlich günstiger ist.

Xbox One Review: Unto The End

Auch wenn es sich nach einem abgedroschenen Marketingspruch anhört, bin ich doch der Meinung, dass heutzutage Gaming so vielseitig wie nie ist, werden doch die unterschiedlichsten Geschmäcker und Zielgruppen bedient. Die Bandbreite reicht von Titeln für den professionellen E-Sport bis zu zugänglichen Multiplayerspielen, in denen man Freunde trifft, vom mobilen Casualgame über neu ersonnene Retrospiele, sich stetig verändernde Live-Games und Indie-Entwicklungen mit kulturellem Anspruch bis hin zu AAA-Blockbuster, die in Sachen bombastischer Inszenierung seit längerem Hollywood-Produktionen das Wasser reichen können. Und mit dem Genre der „Souls“-Like werden jene Spieler und Spielerinnen versorgt, die sich gerne mit Bedacht und Hartnäckigkeit an bockschweren Machwerken wie Dark- oder Demonsouls die Zähne ausbeißen wollen.
Unto the end Unto The End vom 2-Personen-Entwicklerteam 2Ton Studio ist als sidecrollender „Actiontitel“ zwar in einem etwas anderen Genre beheimatet, teilt mit den erwähnten Spielen aber einen immensen Schwierigkeitsgrad, das methodische Vorgehen und den knappen Umgang mit Informationen und Ressourcen. Das Spiel ist seit Kurzem für PC und Stadia sowie Switch, PS4 und XBox one für ca. 25 EUR erschienen, wobei mich Publisher Big Sugar Games freundlicherweise mit einem Code für die XBox One Version versorgt hat. Dass es sich bei Unto The End um ein etwas außergewöhnliches Spiel handelt, macht unter anderem die kleine Texteinblendung deutlich, die auf eben dieses sowie die Tatsache hinweist, dass man behutsam vorgehen soll, bevor man als grimmiger Nordmann ohne jegliches Start- oder sonstiges Menü unvermittelt in eine karge Schneelandschaft geworfen wird. Zwar werden zu Beginn noch zumindest die grundlegendsten Interaktionsmöglichkeiten mit kleinen Symbolen erläutert, ansonsten hält sich der Titel mit Erklärungen zum Spiel so stark zurück, dass selbst der Hinweis auf ein vorhandenes Tutorial eher der Mail des Publishers denn dem Spiel selber zu entnehmen war. Im Grunde ist Unto The End ein Actionadventure aus der Seitenperspektive, legt den Fokus aber ganz klar hammerharte Schwertkämpfe, die zumindest in der Theorie einerseits eingängig und dennoch finessenreich sind. Dank weniger, gezielt platzierter Gegner sind die Konfrontation pointiert in Szene gesetzt und wirken fast schon wie in sich geschlossene Abschnitte. Dreh- und Angelpunkt sind dabei hohe und tiefe Angriffe, die sowohl vom namenlosen Protagonisten als auch von den verschieden bewaffneten mensch(enähn)lichen Widersachern eingesetzt werden können. Da dem Blocken eine hohe Bedeutung beigemessen wird, lassen sich die entsprechenden Positionen durch einfaches Hoch- und Runterdrücken des linken Analogsticks einnehmen. So gilt es, die gegnerischen Angriffe blitzschnell zu erkennen und abzuwehren, bevor zum Gegenangriff übergegangen werden kann. Darüber hinaus bereichern noch weitere Aktionen wie Ducken, ein Bodycheck, Finten und ein schleuderbarer Dolch das Geschehen, und die ausreichend detaillierten Animationen verleihen den Auseinandersetzungen entsprechendes Gewicht mit realistisch wirkenden Schlägen. Doch trotz der relativ klaren Strukturierung hat es bei mir einfach nicht „Klick“ gemacht. Selbst auf dem unmittelbar von „Standard“ auf „Hilfe“ heruntergeschraubten Schwierigkeitsgrad, der die Animationen der gegnerischen Attacken etwas verlangsamt, gelang es mir nicht zuverlässig, die Angriffe zu parieren beziehungsweise eigene erfolgreich auszuführen. Dementsprechend wurden für viele Kämpfe gleich mehrere Dutzend Anläufe benötigt, auch weil die meisten Feinde relativ viele Treffer vertragen, während man selber teils bereits nach einer ein- oder zwei-Treffer Combo das zeitliche segnet, ganz zu schweigen von Passagen, in denen man von gleich zwei oder drei Widersachern umzingelt ist. Und auch nach einem überstandenen Handgemenge hatte ich nicht das Gefühl, dass dieses meinen verbesserten spielerischen Fähigkeiten zu verdanken war, sondern eher hartnäckigem Trial-and-Error. Daher würde ich Unto The End weniger als herausfordernd sondern schlichtweg als schwer bezeichnen, vor allem, da einige technische Aspekte weitere Hürden bereitstellen, die zugegebenermaßen eventuell auch der von mir gewählten Plattform und meinem Setup geschuldet sind. Denn oftmals bedient sich Unto The End einer weit entfernten Kamera, womit zwar außerhalb der Kämpfe die einsamen Landschaften gut zur Geltung kommen, sich in den Duellen aber die subtilen Hinweise in den Bewegungen nur schwer ausmachen lassen, vor allem, wenn man von der Couch aus auf einem nicht allzu großen Fernseher zockt, statt beispielsweise das Spielgeschehen auf einem Handheld oder PC-Monitor direkt vor Augen zu haben. Und obwohl zu Beginn einer bedrohlichen Situation oft etwas herangezoomt wird, verliert sich dieser Effekt gerne wieder in den zwingend nötigen Positionswecheln. Praktisch unspielbar wird das Ganze, wenn Gegner und Spielfigur hinter Vordergrundobjekten verschwinden, die der schlichten, aber stimmungsvollen Szenerie mehr räumliche Tiefe verleihen sollen.
Unto the endIn Kombination mit dem minimalen Interface sorgt die spezielle Darstellung auch an anderen Stellen für Probleme: der lediglich durch Verletzungen dargestellte eigene Gesundheitszustand lässt sich nur schwer einschätzen, und in den oft besuchten Höhlenabschnitten ist es einfach nur anstrengend, auf einen winzigen, vom eigenen Fackellicht beleuchteten Bereich zu starren, während ein Großteil des Bildschirms in tiefes Schwarz gehüllt ist. So lassen sich auch nur schwer Stellen ausmachen, an denen Materialien wie Knochen oder Kräuter eingesammelt werden können, um Blutungen zu stillen oder die Rüstung zu verbessern. Denn auch wenn es in Unto the End primär um die Kämpfe geht, deren komplettes Bewegungsarsenal bereits von Anfang an zur Verfügung steht, wird das Spielgeschehen durch einigen anderen Mechaniken bereichert. Vereinzelte, sofort tödliche Fallen, die mit bedächtigen Bewegungen zu erkundende Umgebung und ein leichter Anflug von adventureartigem Gegenstandeinsatz wecken Erinnerungen an Limbo oder gar Another World bzw. Out of this World, nehmen jedoch einen sehr viel geringen Stellenwert als in diesen Titeln ein. Ebenso muss man bei Unto The End auf eine wendungsreich erzählte Geschichte verzichten. Vielmehr begleitet das Spiel den nordischen Krieger auf seinem relativ gradlinigen Weg nach Hause und präsentiert dabei einige Versatzstücke und Szenerien einer harschen und erbarmungslosen Welt. Somit ist das Ambiente der schroffen Berglandschaft auch nicht besonders vielseitig, auf (vertonte) Dialoge muss man in Ermangelung tiefergehender Charakterinteraktion ebenfalls verzichten. Wenigsten fängt die flächige Grafik im Illustrationsstil mit Ihren leicht ausgewaschenen, gedeckten Farben gut die trostlose Stimmung ein und kleine Animationen wie aufgewirbelter Schnee oder flatternde Banner verleihen den Umgebungen Leben. In Sachen Präsentation hat aber vor allem das Sounddesign ein Lob verdient und wird dem cineastischen Anspruch am ehesten gerecht. Dabei verzichtet Unto the End auf herkömmlichen Einsatz von Musik und stellt dafür zur Untermauerung des Settings die Umgebungsgeräusche wie den fröstenden Atem des Protagonisten oder die beißenden Böen des eisig Windes in den Vordergrund, während einige düstere Akkorde, entferntes Grollen oder Hornsignale Spannung aufbauen und unheilschwanger die nächsten Auseinandersetzungen ankündigen. Zusammen mit dem Mangel jeglicher Erklärungen über die Art oder Herkunft der Gegner, die trotz klarer mythologischer Ausrichtung viel Freiraum für eigene Interpretationen lassen, baut dieses teilweise einen fast schon unheimliche Klangteppich mit intensiver Atmosphäre auf, und weckt vor allem in den Untergrundpassagen Erinnerungen an Teile aus dem Film „der 13te Krieger“, auch wenn sich das Spiel mit einer Auflösung zurückhält und nach kurzer Netto-Spielzeit selbst die beiden möglichen, unspektakulären Enden recht schlicht präsentiert. Stattdessen bleibt es seinem verschlossenem und leicht mysteriösen Charakter treu, indem es einige Konfrontationen optional oder gar friedlich lösbar hält, ohne dafür genauere Anleitungen oder Hinweise zu geben.
Unto The End zeigt deutlich, wie subjektiv Tests und Reviews sind. Ich kann mir gut vorstellen, dass manche von den schweren Kämpfen und dem akribisch anzugehenden Gameplay angetan sind, und diese können gerne die Bewertung um eine Stufe erhöhen, doch mich hat das Spiel trotz anfänglichem Interesse überraschend kalt (ha) gelassen. Das stimmungsvolle Ambiente und die interessanten Ansätzen reichen nicht aus, um über designtechnische Unzulänglichkeiten, den hohen Schwierigkeitsgrad und das letztendlich belohnungsarme Gameplay hinwegzutrösten, zumal der Preis für das Spiel relativ hoch angesichts des eigentlich recht überschaubaren Umfangs ausfällt.

Xbox One Review: Hotshot Racing im Test

Manche Ideen sind einfach zu naheliegend, als dass sie nicht mehrfach und unabhängig voneinander umgesetzt werden. So rühmen sich gleich mehrere Personen, das Telefon oder die Currywurst erfunden zu haben (zwei gleichermaßen bahnbrechende Innovationen), und im Jahr 1998 kamen mit Armageddon und Deep Impact gleich zwei Filme in die Kinos, die die Bedrohung der Erde durch Asteroideneinschlag thematisierten. So dürfte es auch nur ein amüsanter Zufall sein, dass sich nur kurze Zeit nach Formula Retro Racing mit Hotshot Racing ein weiterer Indie-Racing-Titel anschickt, in die Fußstapfen von Virtua Racing und ähnlichen Arcade-Rennspielen zu treten. Dass sich die Entwickler von Sumo Digital in dem Metier auskennen, konnten sie bereits bei von mir hoch geschätzten Titeln wie der Konsolen-Version von Outrun 2 oder Sonic and Sega All-Stars Racing unter Beweis stellen. Ohne SEGA im Rücken fiel Hotshot Racing jedoch ein Paar Nummern kleiner aus, kostet dafür aber auch nur 15 EUR und ist momentan im Game Pass enthalten.
hotshot racingSpielerisch und optisch orientiert sich der Titel wie schon Formula Retro Racing an den poligonalen Funracern der frühen 90ern inklusive Checkpoint-Zeitlimit, macht aber zumindest in Sachen Umfang eine bessere Figur als der direkte Konkurrenztitel. Zwar wirken die vier Umgebungen Küste, Wüste, Dschungel und Alpen zunächst ebenfalls recht eingeschränkt, bieten jedoch jeweils 4 eigene Streckenführungen, die erwartungsgemäß auch rückwärts befahren werden können. Auch bei der Ausgestaltung der Rundkurse scheint es so, als ob sich die Entwickler Wort für Wort an meine Formula Retro Racing Kritik gehalten haben: Neben Windrädern, ansehnlichen Brücken und imposanten Schiffen bieten die Pisten noch eine ganze Reihe weitere geforderte Eyecatcher, die im typisch farbenfrohen Low-Poly-Gewand erstrahlen, das sich an den grafischen Gegebenheiten vergangener Hardware orientiert, in der Form so aber bestimmt nie möglich gewesen wäre. Einige Passagen wie die Streckenführung im Innern eines Vulkans oder mitten durch ein Kasino sind für meinen Geschmack abseits eines Comic-Cart-Racers beinahe schon zu fantastisch, andererseits passen sie durchaus zum Charme der anvisierten Zeitepoche, in der 3D-Racer die Grenzen der Grafikengines mit immer spektakuläreren Beiwerk ausreizten. So hatte ich fast schon vergessen, dass ein zünftiger Jahrmarkt samt Riesenrad praktisch zum guten Ton eines jeden 90er Jahre Rennspiels gehörte.
Auch bezüglich der Fahrzeugauswahl kann Hotshot Racing mit 32 verschiedenen Autos locker an der Ein-Modell-Politik von FRR vorbeiziehen. Die Boliden orientieren sich auch ohne offizielle Lizenz recht offensichtlich an Marken wie Porsche oder Aston Martin und reichen von klassischen Sportwagen über amerikanische Muscle Cars bis hin zu Rennwagen aus der Le Mans oder Formel 1 Serie. Eine grundsätzlich nette Idee ist dabei die eingeführte Ebene der auswählbaren Figuren hinter dem Lenkrad, die auf jeweils 4 Fahrzeuge zurückgreifen können, welche sich geringfügig in den Bereichen Beschleunigung, Geschwindigkeit und Drift unterscheiden. Denn nach Beendigung einer der je vier Strecken umfassenden Meisterschaften gibt für jeden Fahrer oder Fahrerin eine kurze Abschlusssequenz, die den Werdegang des jeweiligen Charakters kurz weitererzählt und Erinnerungen an Single-Player Modi von Prügelspielen wie Street Fighter II weckt. Leider greift das Spiel hier vielleicht auch dem Retroaspekt geschuldet auf nationale Klischees zurück, die inzwischen etwas überholt sein dürften, zumal sich die während der Rennen vorgetragenen Sprüche oft wiederholen und schnell nerven, unabhängig davon ob sie nun von der japanischen Fahrerin in gebrochenem Englisch stammen, mit viel jamaikanischen „yaaa, maaaaan“ durchmischt sind oder aus schlechten „in russia …“ Gags vom Teilnehmer aus der UDSSR bestehen. In der Cockpit-Ansicht entdeckt man dann in Form von japanischen und britischen Rechtslenkern doch noch eine weitere nationale Besonderheit, die aber wie die restliche Innenraumgestaltung etwas untergeht, da ich diese Art von Spielen sowieso üblicherweise aus der entfernten Verfolgerpespektive bestreite.
hotshot racingAbseits der weiteren klassischen Varianten Einzelrennen und Zeitfahren versucht sich Hotshot Racing darüber hinaus noch an zwei eigenständigen Spielmodi: Im Explosionsmodus gilt es ähnlich dem Film Speed nicht unter eine ständig ansteigende Mindestgeschwindigkeit zu fallen, während man bei Räuber und Gendarm Geld auf der Strecke aufsammelt und versucht, Gesetzeshütern auszuweichen, beziehungsweise in deren Rolle schlüpft, falls die eigene Karosserie noch vor Beendigung des Rennens zu sehr beschädigt wird.

Insgesamt stellt sich Hotshot Racing also im Gegensatz zu Formula Retro Racing als das komplettere Spiel dar, doch ist es damit automatisch auch das bessere? Nicht unbedingt, da neben dem thematisch zwar passenden, jedoch wenig treibenden Düdelsound ausgerechnet das Fahrverhalten selber Anlass zur Kritik gibt. Denn auch wenn das Geschwindigkeitsgefühl ebenfalls recht gut vermittelt wird, hatte ich trotz oder gerade wegen der etwas anspruchsvolleren Steuermöglichkeiten nicht ganz so viel Spaß beim Rundenziehen wie beim retroinspirierten Formel 1 Ableger. So kommt fern jeglicher Simulationsattitüde ein Boost zum Einsatz, der sich durch Fahren im Windschatten oder Driften auffüllen lässt. Jedoch vermisse ich gerade beim Streckenschliddern jene übertriebene Kontrolle, die diese Manöver noch in Outrun 2, Sonic Team Racing oder Ridge Racer so spaßig machten. Stattdessen gibt es unverhofft oft Kontakt zur Fahrbahnbegrenzung, wobei mir der Lenkeinschlag auch bei normaler Fahrt und reduzierter Geschwindigkeit oftmals zu gering vorkommt und man so schneller aus der Kurve getragen wird, als einem lieb ist. Immerhin gewöhnt man sich relativ schnell an dieses stärker „geerdete“ Fahrverhalten und die Rennen machen dann auch durchaus Spaß, lassen aber dennoch den Flow anderer Arcaderacer vermissen. Dazu passt, dass die Strecken zwar allesamt weitestgehend angenehme fahrerische Herausforderung bieten, einige Schikanen jedoch merkwürdig deplatziert wirken und so die Rennen wortwörtlich ausbremsen. Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund des in den normalen Wettkämpfen fehlenden Schadenmodells die computergesteuerten Gegenspieler zumindest auf dem leichtesten der drei Schwierigkeitsgrade ohne Rücksicht auf Verluste auch mal gerne zu Rammattacken ansetzen, während sie mir bereits auf der mittleren Stufe hoffnungslos davon fahren. Auch im kurz angetesteten Onlinemodus ergibt sich ein ähnliches Bild, wobei das Matchmaking etwas holprig ausfällt und sich bereits kurz nach erscheinen des Spiels Schwierigkeiten ergaben, ein komplettes Fahrerfeld zusammenzustellen.
Und trotz des größeren Umfangs lässt auch bei Hotshot Racing die Langzeitmotivation zu wünschen übrig, zumal mit Fahrzeugen, Strecken und Meisterschaften praktisch alle relevanten Aspekte bereits zu Beginn komplett zur Verfügung stehen. Wenigstens verdient man mit jedem Rennen je nach Platzierung Geld, dass in kosmetische Modifikationen wie Lackierungen und Teile wie Scheinwerfer oder Bodykits investiert werden kann. Ganz nett ist der Ansatz, dass hier einzelnen Optionen oder Elemente erst durch In-Game Herausforderungen freigeschaltet werden müssen, jedoch sind die Anforderungen wie 20 mal in einem Rennen zu boosten oder eine Gesamtzahl an Drifts durchzuführen für jedes Fahrzeug identisch. Daher werden diese Aufgaben eher beiläufig denn gezielt absolviert beziehungsweise verkommen zum Grind, der oftmals kaum die Mühe wert ist, zumal die Anpassungen keinerlei Einfluss auf die Performance der Fahrzeuge haben und das Aussehen auch nur in sehr geringem Maße verändern.

Somit gewinnt Hotshot Racing den Vergleich zu Formula Retro Racing aufgrund der kompletteren Ausstattung zwar um eine Wagenlänge, ist für sich alleine betrachtet aber ebenfalls nur ein durchschnittliches Rennspiel mit leicht biederer Fahrphysik, das sich strukturell etwas zu sehr an sein Retrovorbild klammert. Eventuell gehöre ich einfach nicht zur Zielgruppe beziehungsweise missverstehe die Zielsetzung des Spiels, vielleicht muss man sich jedoch auch eingestehen, dass mache Aspekte alter Genres schlechter gealtert sind als andere und sich daher weniger für ein nostalgisches Revival eignen, insbesondere, wenn Vertreter aus der Spielhalle als Vorbilder für den heimischen Computer- und Konsolenbereich herangezogen werden. Auch wenn es zuweilen sicherlich etwas übertrieben wird, dürfte es schon einen Grund haben, warum hier Fortschritts- und Auflevelmechaniken seit Jahren fester Bestandteil vieler Spiele sind. Schließlich sorgen sie für einen längerfristigen Anreiz, sich mit einem Spiel auseinanderzusetzen, der auch Hotshot Racing gut zu Gesicht stehen würde, zumal die Substanz dafür vorhanden ist und der Fokus des Spiel offensichtlich nicht auf dem Mehrspielermodus liegt.

Xbox One Review: The Touryst im Test

the tourystEigentlich wollte ich diesen Test der Xbox One Version von the touryst mit dem Scherz einleiten, wie schlecht dem deutschen Entwickler Shinen doch die Charaktermodelle von Angelina Jolie und Johnny Depp gelungen sind. Aufgrund der unterschiedlichen Schreibweise, die wohl auch das Spiel von eben diesem Thriller mit praktisch gleichem Namen aus dem Jahr 2010 unterscheiden will, verkneife ich mir aber diese Anmerkung. Auch der Ansatz, den Titel als Urlaubsersatz für Coronazeiten anzupreisen, wurde vom realen Verhalten der Mitmenschen zunichte gemacht, die die eigene Gesundheit und die der anderen zwar anführen, wenn es beispielsweise die Arbeit aus dem Homeoffice betrifft, diese Einschätzung aber anscheinend eine untergeordnete Rolle spielt, wenn es darum geht, wie jedes Jahr die kostbare Freizeit an sonnigen Stränden fern der Heimat zu verbringen. Da ich zudem selber kein großer Freund von Reisen bin, bleibt mir nichts andere übrig, als das Spiel, das sowohl momentan im Game Pass enthalten ist als auch für gut 15 Euro erstanden werden kann, als kleines, nettes Actionadventure im unverbrauchten, friedfertigen Feriensetting mit ungewöhnlichem Look einzuführen. Denn der an Voxelgrafiken angelehnte Stil dürfte eines auf auffälligsten Merkmale von the touryst sein, das zuvor auch schon für Nintendo Switch erschienen ist. Für die überschaubaren Umgebungen wurden die voluminösen Pixel offensichtlich mit viel Liebe zum Detail platziert und lassen in mir den Wunsch aufkommen, mich mal wieder mit MagikaVoxel auseinanderzusetzen. Von Tiltshift-Fotografien bekannte Techniken wie Tiefenunschärfe und beeindruckende Beleuchtung verleihen den Szenarien darüber hinaus ein extrem plastisches Aussehen, das an Spielzeug-Dioramen erinnert, und machen aus dem Spiel zumindest optisch schon mal einen Traumurlaub. Auch die Akustik bietet mit einem unaufdringlichen, aber stimmungsvollen Soundtrack eine entspannte Atmosphäre. Vor diesem technischen Hintergrund verschlägt es den Spieler recht unvermittelt in ein aus mehreren Miniatur-Inseln bestehendes Ferienparadies, in dem es allerlei abwechslungsreiche Aufgaben zu bestreiten gibt. Vom Standpunkt der Repräsentation ist es dabei etwas enttäuschend, dass die eigene, blockige Figur nicht selbst gestaltet werden kann, zumal der Protagonist keinerlei Persönlichkeit, Hintergrundgeschichte oder Charakterentwicklung aufzeigt. Stattdessen kann man direkt nach der Ankunft die erste Insel als männliche, weiße Mischung aus kantigem Hipster und 70er Jahre Pornodarsteller frei erkunden. Durch das Erfüllen kleinerer Aufträge und Minispielchen werden so nach und nach weitere Inseln überschaubarer Größe freigeschaltet, auf denen wiederum weitere Aktivitäten warten. Amüsant ist dabei, dass für das Vorankommen nötige Gegenstände oder Fähigkeiten nur gegen bare Münzen erworben werden können, die als Entlohnungen für die Tätigkeiten winken. Denn ist nicht genau dieser Austausch von erbrachter Leistung gegen Geld das, was allgemein als „Arbeit“ bezeichnet wird und somit das Gegenteil von „Urlaub“ ist? Außerdem drängt sich die Frage auf, wer bitteschön eine offensichtlich kostspielige Reise inklusive Islandhopping antritt, ohne einen einzigen Cent für die Ausgaben vor Ort mitzubringen? Alleine der Kapitän, der stets geduldig im Schlauchboot am Pier wartet, um uns von einer Insel zur nächsten zu bringen, hätte ein saftiges Trinkgeld verdient.

the tourystWenigstens ist so für Abwechslung im Urlaubs-Alltag gesorgt, denn die von den verschiedenen Anwohnern der Archipele gestellten Anforderungen reichen von Musikspielchen und Actioneinlagen über einfache Logik-Rätsel und Adventure-Einlagen bis hin zu simplen Fetch-Quests, die zwar mitunter auch inselübergreifend sein können, sich in der Regel aber auf zwei bis drei Durchführungsschritte beschränken. Nebenbei geht man typischen touristischen Tätigkeiten wie Kanu-Fahren, Tauchen oder Surfen nach, lässt Drohnen steigen, erkundet Höhlen oder engagiert sich kulturell, indem man Fotos für eine Kunstausstellung schießt oder die antiken Monumente erforscht, die sich auf den Inseln befinden. Diese dienen dann auch als eigentlicher narrativer Zusammenhalt in einer ansonsten ziemlich losen Aneinanderreihung von Aktionen. Ohne nähere Erläuterung und mit wenigen Hinweisen gilt es, die Geheimnisse dieser Relikte aus geraumer Vorzeit zu ergründen. Das sorgt zwar zumindest ansatzweise für eine wohlige Mystery-Stimmung, allerdings hätte ich mir in Anlehnung an Lost eine stärkere erzählerische Einbindung dieser Elemente gewünscht und auf eine Geschichte gehofft, die erst nach und nach die unter der idyllischen Oberfläche liegenden Merkwürdigkeiten und Geschehnisse enthüllt. Stattdessen bieten die linear aufgebauten antiken Stätten lediglich eine weitere Möglichkeit für kleinere Knobelaufgaben gepaart mit Geschicklichkeitsprüfungen, die vor allem gegen Ende auch mal etwas nerven können. Denn obwohl das Spiel praktisch komplett auf klassisches „Kanonenfutter“ und „Kämpfe“ verzichtet, sorgen einige Sprungpassagen auch wegen der in Innenräumen nur bedingt bedienbaren Kamera für den ein oder anderen unnötigen Tod und einige Frustmomente. Auch einen verborgenen spielerischen Kniff, der wahre Forscher beispielsweise mit neuen Erkenntnissen belohnt, sucht man vergebens, wobei man the touryst diesbezüglich natürlich nicht wirklich vorwerfen kann, „nur“ ein klassisches Actionadventure zu sein. Dezente Kritik ist da schon eher bei der geringen Spielzeit angebracht, denn bereits nach gut 4 Stunden hatte ich meine Todo-Liste weitestgehend abgehakt, um mir an einigen optionalen Zielen und Achivements die Zähne auszubeißen. Angenehm überrascht war ich dabei, dass sich das Spiel nicht nur als virtueller Südseetrip, sondern auch als augenzwinkernde Ausflug in die Geschichte der elektronischen Unterhaltung versteht. Nicht nur die Grafik als quasi dreidimensionale Pixelkunst oder das Hüpfgeräusch, das sich verdächtig nach einem gewissen Klempner anhört, sind Verweise auf ältere Videospiele. Im Plattenladen lassen sich Soundtracks vergangener Shinen Titel erstehen, der Surfwettbewerb erinnert stark an die entsprechende Disziplin in California Games und in einer Spielhalle lassen sich erstaunlich ausgestaltete Interpretationen der Klassiker F-Zero, Arkanoid und -mein Favorit- Bomb Jack zocken.

The touryst ist damit quasi die Ferienvariante einer prall gefüllten Wundertüte, in die die Entwickler allerlei Ideen und Spielereien geworfen haben, die für sich alleine vielleicht nicht weltbewegend sind, in ihrer Gesamtheit aber kurzweilig und unterhaltsam genug sind, um nicht das sowieso schon recht knappe Urlaubsvergnügen zu trüben.

Sollte the touryst ein Prototyp für einen in Aussicht gestellten Nachfolger sein, kann diese Struktur gerne beibehalten werden, dann aber gerne mit einem etwas größeren Umfang und erzählerischen Unterbau.