Beiträge zu 'Bertil Hörberg'

Go West East: Review Gunman Clive 2

gunman clive 2… Gunman Clive 2 ist ein wirklich hübsches Spiel mit durchschnittlichem Spielspaß … Ähnlich abrupt wie dieser Review beginnt auch der zweite Teil von Bertil Hörbergs Jump’n’Gun Serie, die vorerst nur auf dem 3DS für günstige 2,99 EUR erschienen ist. Zwar bemängel ich oftmals eine belanglose oder schlecht erzählte Story, eine kurze Einführung in die von Cowboys, Ninjas, Dinosaurier, dampfbetriebenen Spinnenroboter und Killer-Enten bevölkerte Welt und die Motivation der Protagonisten hätte dennoch nicht geschadet. Stattdessen wird man unmittelbar nach Auswahl von Schwierigkeitsgrad und Spielfigur in den ersten von 25 linear aufeinanderfolgenden Abschnitten geworfen, die rund um den Globus verteilt sind und sich sichtlich an frühen Actionplattformern – allen voran Megaman – orientieren. Der Schwerpunkt wird jedoch weniger auf komplexe Plattformstrukturen oder packende Kämpfe mit hoher Gegnerdichte gesetzt. Auch das Spieltempo ist in den geradlinigen Level, die sich ausschließlich auf dem oberen Bildschirm abspielen und kaum länger als ein bis zwei Minuten dauern, eher gemächlich. Vielmehr wird dem Grundgedanken der virtuellen Weltreise entsprechend ein konsequent abwechslungsreicher Spielablauf angestrebt. Dazu verbaut der schwedische Entwickler altbekannte Auflockerungselemente wie Lorenfahrten oder Shoot’em up Sequenzen aus Verfolgersicht, greift aber auch beim restlichen Leveldesign eine Vielzahl an populären Versatzstücken des Genres auf. Rutschige Eis-Umgebungen, Förderbänder mitsamt Stampfern, von Ventilatoren erzeugte Luftströme oder abstürzende Plattformen kommen ein-, zweimal vor, werden dann aber ebenso schnell durch andere Elemente ausgetauscht. Somit sind zwar ungeliebte Passagen vorüber, bevor sie dauerhaften Frust erzeugen können, andererseits schaffen es selbst gelungene Ideen kaum, ihr Potential entfalten, zumal die als spielerische Unterfütterung dienenden Plattform- und Schießmechaniken kaum über die Standards der Spielegattung hinausragen.
gunman clive 2Des weiteren mag der Verzicht auf Speicherpunkte innerhalb eines Spielabschnitts seinen Ursprung in den Konventionen der klassischen Vorbilder haben und aufgrund der Kürze der Level auch nicht weiter ins Gewicht fallen – Es ist aber dennoch vor allem beim ersten Durchlauf nervig, wenn der letzte Sprung in einem Abgrund endet und deshalb bereits problemlos gemeisterte Passagen, die mehr auf Auswendiglernen denn auf Dynamik setzen, erneut angegangen werden müssen. So mäßig die normalen Level ausfallen, um so gelunger sind dagegen die Bosskämpfe gegen kreativ gestalteten Widersacher. Diese profitieren im großen Maße von variantenreichen Angriffsmustern und sind ebenso wie der Rest des Spiels dank des einmaligen Grafikstils prächtig in Szene gesetzt. Der Optik sieht man ihren polygonalen Charakter allenfalls auf den zweiten Blick ob der flüssigen Animationen oder der dezenten räumlichen Tiefe bei aktiviertem 3D-Effekt an. Stattdessen wirkt sie vielmehr wie eine Bleistiftskizze oder unsauberer Linoldruck auf pastellfarbenem Papier. Doch auch der visuelle Aspekt von Gunman Clive 2 ist nicht ohne vereinzelte Schwachstellen. So können die monochromen Schüsse aufgrund ihrer Größe schon mal übersehen werden, und einzelne Level sind in derartig dunklen Farben gehalten, dass Umgebungselemente kaum auszumachen sind. Ähnlich zwiespältig ist auch der Soundtrack, der zwar interessante Musikstücke unter Verwendung von Banjo oder Klarinette enthält und somit thematisch das Western-Ambiente der namensgebenden Hauptfigur gut aufgreift, grundsätzlich aber nicht so ganz zum Geschehen auf dem Bildschirm passen will und sich darüber hinaus in der relativ geringen Spielzeit von knapp zwei Stunden häufig wiederholt.
Nach dem Sieg über den finalen Endgegner verlängert noch die Jagd auf Bestzeiten und schadensfreien Durchläufen oder das erneute bestreiten des Abenteuers mit einem anderen Charakter das Vergnügen etwas, der Widerspielwert hält sich jedoch in Grenzen, da es weder Abzeigungen noch sammelbare Extras oder versteckte Geheimnisse zu entdecken gibt.

Gerne hätte ich mehr Freude mit Gunman Clive 2 gehabt, sieht man der Ein-Mann-Produktion doch seine handwerklichen und technischen Qualitäten deutlich an. Doch leider wollte der Spielspaß-Funke nicht so recht überspringen. Stattdessen wirkt der Titel vielmehr wie eine Technik-Demo oder Machbarkeitsstudie, die vieles anreißt, aber weniges vertieft.
Was bleibt, ist ein mittelprächtiges Spiel alter Schule im beeindruckenden Gewand zu einem wirklich günstigen Preis.

Bertil Hörberg (Gunman Clive) Interview

8bit-ninja im Interview mit Bertil Hörberg, Entwickler von Gunman Clive und Gunman Clive 2.

Bertil Hörberg8bit-ninja: Könntest du dich bitte einmal kurz vorstellen?
Bertil Hörberg: Ich bin Bertil Hörberg, 31 Jahre alt und Indieentwickler aus Schweden. Ich habe als Programmierer bei verschiedenen Entwicklern wie Grin und Might & Delight gearbeitet, bevor ich 2011 mein eigenes unabhängiges Studio gründete. Anfangs entwickelte ich dort kleine Spiele für Smartphones, doch nach der Veröffentlichung von Gunman Clive nahm ich die Chance wahr, das Spiel auf Nintendos 3DS zu portieren. Da es auf dem Gerät recht erfolgreich war, liegt dort jetzt auch mein Schwerpunkt. Ich bin seit jeher Konsolenspieler und hatte stets eine Schwäche für Nintendos Handhelds. Meine erstes Spielsystem war der Gameboy und selbst einige meiner frühesten Programmiererfahrungen haben ich in der GB /GBA Homebrew-Szene gesammelt. Die Möglichkeit, für Nintendos 3DS zu Entwickeln, ist somit so etwas wie ein wahrgewordener Traum.

8bit-ninja: Kürzlich hast du Gunman Clive 2 fertiggestellt. Könntest du etwas über die Inspirationen für die Serie und die Namensgebung im Allgemeinen und den zweiten Teil im Speziellen erzählen?
Bertil Hörberg: Gunman Clive fing als Versuch an, ein gradliniges 2,5D Plattform-Spiel ohne Schnick-Schnack zu erschaffen. Ich wollte mich mehr auf handwerkliche Fähigkeiten und Feinschliff denn auf experimentelles Design konzentrieren. Ein Großteil der Inspiration entstammt der Megaman-Serie, und ursprünglich hieß das Projekt GMC, dass als Kurzform für *G*eneric *M*egaman *C*lone stand (und aus dem später *G*un*M*an *C*live wurde). Das war damals im Jahr 2009 und für mich größtenteils ein Hobby. Ich pausierte ein paar Monaten später die Arbeit daran, als ich einige andere Jobs annahm, griff das Projekt jedoch wieder auf, nachdem ich mich 2011 selbständig machte. Das Spiel erfuhr seitdem einige radikale Veränderungen – so änderte ich den Grafikstil und verfrachtet es in eine Western-Umgebung.
Für den zweiten Teil hatte ich eigentlich eine konsequente Fortsetzung mit mehr Umfang geplant. Das erste Spiel war sehr kurz und ich wurde unablässig um mehr gebeten. Aber zu den Hauptmerkmalen von Gunman Clive zählten die abwechslungsreichen Gameplay-Elemente, von daher war es alles andere als leicht, einfach nur mehr Level zu erschaffen. Ich wollte zudem alle Aspekte im Vergleich zum Vorgänger weiterentwickeln, und so wurden alle Spielstufen und –mechaniken immer ambitionierter und effektvoller, weswegen die Entwicklung auch doppelt so lang dauerte wie beim ersten Teil.

8bit-ninja: Gunman Clive zeichnet sich durch einen beeindruckenden und einzigartigen Grafikstil aus. Wie bist du auf diese Optik gekommen?
Bertil Hörberg: Sie entstand größtenteils durch Herumprobieren und etwas Glück. Als ich mit skizzenhaften Darstellungen experimentierte, hatte ich weder einen klaren Look vor Augen noch die Ergebnisse meiner Test für die Verwendung im Spiel in Betracht gezogen. Als ich jedoch an der Smartphone-Variante arbeitete und die Gunman Clive Modelle zum Spaß in die Test-Renderings importierte, war ich vom Resultat derartig angetan, dass ich den Stil auf das gesamte Spiel ausweitete.

8bit-ninja: Meiner Kenntnis nach hast du Gunman Clive im Alleingang entwickelt und auch veröffentlicht. Das war doch sicherlich recht stressig, oder?
Bertil Hörberg: Ja, das kann schon sehr stressig und einsam und anstrengend sein. Es gibt viele Aspekte des Enwickungsprozesses (und mit Sicherheit des Veröffentlichungsprozesses), in dem ich nicht sonderlich gut bin oder die mir keinen großen Spaß bereiten, aber es erfüllt mich mit einem gewissen Maß an Stolz, alles selber gemacht zu haben. Selbst im Wissen, dass ich bessere Ergebnisse erzielen könnte, wenn ich einige Teile auslagern würde und ich mir jetzt auch einige Hilfe leisten könnte, wäre es nicht ganz so befriedigend. Vorausblickend könnte ich mir vorstellen, demnächst etwas mehr Outsoucing zu betreiben und einige Leute anzustellen, um die Entwicklung zu beschleunigen und vielleicht größere Projekte in Angriff nehmen zu können, aber wir werden sehen, was die Zukunft bringt.

8bit-ninja: Beide Spiele sind zu einem sehr günstigen Preis erhältlich, das Datenblatt von Gunman Clive 2 erwähnt sogar die Kosten von 2,99 EUR als hervorstechendes Merkmal. Gibt es einen besonderen Grund für diese Preispolitik und besteht nicht gar die Gefahr, dass an einem derartigen Preis auch gewisse Qualitätserwartungen geknüpft sind?
Bertil Hörberg: Der erste Teil war ursprünglich für Smartphones konzipiert, wo solche Preise Standard sind. Als ich ihn auf den 3DS portierte, erschien es mir wenig sinnvoll, dort den Preis anzuheben. Ich wollte bei 3DS Besitzern nicht den Eindruck erwecken, sie fänden im eStore ein schlechteres Angebot vor als anderswo. Ich glaube, dass mir der günstige Preis durchaus zum Vorteil gereicht hat, hätte aber vielleicht tatsächlich etwas mehr verlangen können.
Den zweiten Teil musste ich im Verhältnis zum ersten positionieren, denn Vergleiche wären unausweichlich gewesen. Das Spiel ist nicht viel länger und ich weiß nicht, ob es jemand als besser ansieht, also habe ich mich nicht getraut, viel mehr dafür zu verlangen, selbst wenn ich es gewollt hätte.

8bit-ninja: In der aktuellen Episode verlässt Gunman Clive das reine Cowboy-Ambiente und bereist die Welt. Glaubst du, das Western-Setting bereits erschöpft zu haben oder wäre noch Platz für einen rein im Wilden Westen angesiedelten Teil?
Bertil Hörberg: Bereits im ersten Teil verschlug es die Spielfigur in den Weltall, was ich irgendwie noch übertreffen musste, und ich bin mir nicht ganz sicher, wie sich die Serie in Zukunft entwickeln soll. Sie nur auf Western zu beschränken würde die Möglichkeiten stark einschränken und ich mag es, den Spieler mit einer Menge verschiedener Bestandteile zu konfrontieren. Sollte ich je einen Nachfolger entwickeln, würde ich das Konzept wahrscheinlich noch stärker verändern.

8bit-ninja: Wo wir gerade davon reden, gab es Herausforderungen oder Szenarien, die du in Gunman Clive hättest einbauen wollen, die es aber nicht in das finale Spiel geschafft haben?
Bertil Hörberg: Nicht wirklich. Einige Entwickler reden immer davon, wie viele Ideen sie übrig hatten und aus Zeitmangel nicht einbauen konnten. Ehrlich gesagt hatte ich damit zu kämpfen, alle Level mit einzigartigen und interessanten Elementen zu füllen und habe mein Hirn hinsichtlich Ideen für Plattformer erschöpft.

8bit-ninja: Auch wenn du gerade erst dein aktuelles Spiel veröffentlicht hast (und vermutlich einige Portierungen folgen werden), kannst du bereits einen Ausblick auf die Zukunft geben? Was können wir von Gunman Clive erwarten?
Bertil Hörberg: Du kannst auf jeden Fall einen Haufen Portierungen erwarten, aber ich werde so bald keinen weiteren Gunman Clive Titel machen. Ich hatte noch nicht einmal geplant, zwei Gunman Clive Spiele direkt hintereinander zu programmieren. Vor GC2 hatte ich an einem anderen Spiel gearbeitet, das leider nicht so ganz funktionierte und ich deswegen einstellen musste. Daher werde ich demnächst viel Zeit mit der Entwicklung von Prototypen verbringen, bevor ich mich für mein nächstes Projekt entscheide.

8bit-ninja: Vielen Dank für das Interview.