Zu Glanzzeiten der textbasierten oder Point’n’Click Abenteuer teilte sich die Fangemeinde üblicherweise in zwei Lager: auf der einen Seite bevorzugte man entspanntes Rätseln in einer Umgebung, die weitestgehend frei von Sackgassen und Toden waren, während andere kein Problem mit ausweglosen Situationen oder dem mannigfaltigen Ableben der Spielfigur hatten. Als zeitgenössische Variante des etwas aus der Mode geratenen klassischen Adventure-Metiers locken Escape-Room-Spiele mit überschaubaren Umgebungen und oftmals befreit von erzählerischen Strukturen, doch die Frage nach der grundsätzlichen Vorliebe bleibt bestehen.

Welche Philosophie Is This Game Trying to kill me? von Stately Snail, für dessen jüngst veröffentlichte Xbox-Version mir Publisher Sometimes You freundlicherweise einen Code bereitgestellt hat, vertritt, dürfte schnell zu erahnen sein, doch hinter dem Namen verbirgt sich zudem ein Verweis auf das Horror-inspirierte Setting des Titels. Denn in der rustikalen Waldhütte, in der man genretypisch ohne weitere Erläuterung in der Egoperspektive erwacht, finden sich nicht nur die üblichen kryptischen Apparaturen und verwinkelten Verstecke, die man von einem Escape-Room erwartet, sondern darüber hinaus noch einen von Pilzen überwucherten Computer, auf dem das irgendwo zwischen 8 und 16 Bit angesiedelte Actionadventure „Castle Serpentshtain“ läuft. Der mysteriöse Besitzer der Behausung in Gestalt einer mäßig furchteinflößende Mischung aus Candyman, Freddy Krüger und Pennywise macht schnell klar, dass für eine Flucht aus der ländlichen Umgebung das Beenden dieses Spiels unumgänglich ist. Der Kniff ist dabei, dass sich Handlungen im Computerspiel auf die Außenwelt auswirkt und umgekehrt. So öffnen entriegelte Truhen in Spiel ihr Gegenstück in der Hütte, und Codes, die für das Weiterkommen in der Rechner-Software benötigt werden, erscheinen auf den Wänden der unfreiwilligen Unterkunft. Auf dem Controller ist dazu gar ein eigener Knopf vorgesehen, um vom Bildschirm aufzublicken und sich im Zimmer auf der Suche nach Veränderungen umzusehen.

Was zunächst nach einer interessanten Ansatz klingt, läuft letztendlich jedoch in der Regel auf recht traditionelle Rätselkost mit verteilten Elementen hinaus, bei der man den nächsten Hinweis für ein Knobelaufgabe eben nicht auf einem Zettel im Bücherregal, sondern halt im „Spiel-im-Spiel“ entdeckt. Neben hauptsächlich gradlinigen, nicht sonderlich schweren Puzzeln glänzt Is This Game Trying to kill me? dann aber doch gelegentlich mit netten Ideen, wenn beispielsweise eine Spielmechanik außerhalb der erwarteten Möglichkeiten manipuliert werden muss oder das vermeintlich „reale“ Blockhaus videospieltypische Probleme aufweist. Der etwa vierstündige Fluchtversuch gestaltet sich dabei ziemlich linear: Im Computerspiel beschränkt sich die jeweilige Umgebung, deren Ausgang von einer verschlossenen Tür oder einer anderweitigen Blockade versperrt wird, auf ein bis maximal drei, vier Räume, die zusammen mit einigen sich nach und nach öffnenden Abschnitten des Waldrefugiums erkundet werden müssen und die mit ein wenig Hirnschmalz den Schlüssel zum weiteren Vorankommen bereithalten. Trotz kompaktem Grundriss ist dabei die Notwendigkeit, stets zum PC zurückzukehren, um das Retro-Abenteuer fortzusetzen, etwas nervig und vielleicht sogar ein Versuch, mehr Spielzeit aus dem Titel herauszuholen. Ein verhexter Handheld hätte hier vielleicht nicht nur mehr Komfort gebracht, sondern unter Umständen noch das eine oder andere clevere ortsbasierte Rätsel ermöglicht. Doch die Wechselwirkungen der Welten haben nicht nur positive Auswirkungen hinsichtlich des Entkommens aus dem Unterholz-Verschlag, sondern manifestieren sich dem Titel entsprechend auch beim Scheitern, so dass ein falsch gezogener Hebel zum Beispiel umgehend tödliche Stacheln aus dem Monitor schießen lässt. Wie bei den eingangs erwähnten klassischen Knobelspielen bin ich kein Freund dieser zusätzlichen Hindernisse, selbst wenn sie zumindest in den Denksportaufgaben wildem Herumprobieren entgegenwirken, zumal die Ablebeanimationen wenig Schauwert bieten und die Rücksetzpunkte für mich mitunter einen Hauch zu viel erneute Laufarbeit erfordern. Ist das unfreiwillige Dahinscheiden aufgrund falscher Rätselansätze noch durch überlebte Herangehensweise vermeidbar, gibt es andere Herausforderungen, die sich nicht ohne weiteres umgehen lassen. Selbst wenn der Action-Anteil im Actionadventure einen sehr geringen Stellenwert einnimmt, gibt es doch ein Paar eingestreute Passagen bis hin zu Boss-Kämpfen, in denen zumindest eine Kombination aus Geschick und Grips gefragt ist. Für mich wirken diese in einem Escape-Room Spiel eher deplatziert, vor allem da die Steuerung auf der XBox in beiden Spiel-Komponenten ein wenig zu wünschen lässt. Leidet das 3D Szenario fast schon genretypisch an einer sensiblen Kamera, die das exakte Anvisieren kleinerer Objekte erschweren, vermittelt das Computerspiel fast schon authentisches Amiga-Gefühl mit einer recht „losen“ Kontrolle über die Spielfigur, die zum Lösen der Geheimnisse absolut ausreicht, für zeitkritische Ausweichmanöver aber noch etwas knackiger und direkter hätte ausfallen können. Die pixelige Aufmachung des virtuellen 2D Titels wäre ebenfalls für Commodores Heimcoputer angemessen und findet sich ebenso in grob aufgelösten, blockigen Texturen in der räumlichen Umgebung wieder, deren grau-blau-grüne Farbgebung mich gar entfernt an den Grafikstil der Bitmap-Brothers erinnert und so einen zumindest interessanten Look erzeugt. Soundtechnisch erklingen über weite Strecken zwar stets die gleichen düstere Klaviertöne, die aber gut zur Stimmung passen und eigentlich nicht viel Abwechslung bedürfen, konnte doch z.B. auch das Halloween-Thema mit nur wenige Noten ausreichend Spannung aufbauen. Wirklicher Horror oder Grusel kommt jedoch in Is This Game Trying to kill me? trotz einiger Jumpscares nicht auf. Vielmehr habe ich den Eindruck, dass sich das Spiel mit dem obskuren Antagonisten und der vagen Andeutung einer größeren Hintergrundstory gerne in der Meme-Ecke positionieren möchte. Daher konnte ich dem Titel trotz grundsolider Präsentation und eigentlich interessantem Setting weit wenige abgewinnen als beispielsweise dem ähnlich gelagerten, aber weitaus günstigeren Access Denied: Escape vom gleichen Entwickler, was teilweise auch an einzelnen, dann doch dubiosen Rätseln lag. Das dreistufige Hilfesystem war in gleich zwei Situationen praktisch nutzlos, zeigte doch selbst die finale Stufe lediglich Hinweise, die ich schon zur Kenntnis genommen hatte, aber deren Bedeutung sich mir nicht erschlossen oder es wurden Interaktionen erwartet, die noch nie zuvor im Spiel genutzt wurden. Auch die Aussicht auf drei verschiedene Enden bietet nur bedingten Anreiz, da sie nach dem Einsammeln von drei praktisch nicht zu übersehenden Collectables gegen Ende auf zwei Entscheidungen hinauslaufen, die das Spiel entweder beenden oder noch für eine kurze Zeit fortsetzten.
Is this game trying to kill me? ist somit ein nett präsentierter, aber nicht sonderlich spektakulärer Escape-Room Titel, der das Potential seiner Grundidee nicht vollends ausschöpft und mir mit seinen durchschnittlichen Rätseln und einigen Designentscheidungen leider weniger Freude als andere ähnlich gelagerte Spiele bereitet hat.